Hans Unstern – The Great Hans Unstern Swindle

Hans Unstern - The Great Hans Unstern SwindleVÖ: 26.10.2012
Web: hansunstern.net
Label: Staatsakt

Wer ist eigentlich Hans Unstern? Das ist seit ein paar Wochen nicht mehr klar. Bisher war er für viele von uns der vollbärtige Singer/Songwriter, der uns 2010 ein bezaubernd-düsteres Debutalbum namens „Kratz Dich Raus“ beschert hat. Das war musikalisch sperrig, lyrisch ausgefallen und kam ganz gut an bei den Fans von Singer/Songwriter-Musik.

Unstern wurde als Dichter bezeichnet, schrieb deshalb dann auch ein Buch. Dann gab es ein Youtube-Video von einer Pressekonferenz: Ein blauhaariger, sehr glatt rasierter junger Mann sagte da, er sei Hans Unstern und wolle über das Buch „Hanky Panky Know How“ und sein neues Album sprechen.

Dieses Album, „The Great Hans Unstern Swindle“ steht nun also im Mittelpunkt der Verwirrung um die Person Hans Unstern. Der Bart sei nur angeklebt gewesen, so Unstern während der Pressekonferenz. Die unsichtbaren „Vertreter_Innen der Presse“ unterstellen der Platte so ziemlich alles von religiöser Musik über Schlager bis „reinrassigem Blues“. Hans Unstern hingegen sagt, er habe eine Pop-CD machen wollen. All diese Fragwürdigkeiten kommen auf „The Great Hans Unstern Swindle“ zusammen: die Videos, das vermeintliche Burn-Out, die blauen und blonden Haare. Ganz zu schweigen von dem bärtigen, sehr nach Hans Unstern aussehenden Mann im Hintergrund der Burn-Out-Verkündung des blonden Schlagersänger-Verschnitts Hansi Stern.

Die Platte ist ein dadaistisches Gesamtkunstwerk, sperrig und skurril, und es wird nicht bei allen gut ankommen. Vorsichtshalber gibt es aber schon im ersten Song einen fröhlich-souligen Gospelchor im Hintergrund, der Unsterns Unmut („Ich schäme mich“) ins Höchste lobt. Das mit der religiösen Musik ist auch nicht ganz an den Haaren herbeigezogen. Ein Harmonium kommt auf einigen Songs zum Einsatz.

Die Songtexte auf „The Great Hans Unstern Swindle“ sind allesamt absurd und surrealistisch, wenn auch grammatikalisch korrekt und auch in „Hanky Panky Know How“ zu finden. Man könnte in fast jede Zeile eine postmoderne Selbsterkenntnis hineinlesen. Ein Puzzle, wie das in „Entweder Oder“, ist dann nicht mehr nur ein Spiel, sondern Sinnbild für das zerrüttete eigene Leben. Jeder, der schon mal ein unstern’sches zweitägiges Burn Out hatte, wird sich damit recht gut identifizieren können. „Meine Maske verschwimmt mit meinem Gesicht“ ist eine Textstelle aus „Unbenannte Datei“, das von dem Sohn des Schlagzeugers gesungen wird – sofern man Unstern glauben kann. Die Zeile ist eine passende Referenz zu der Verwirrung, für die er mit zahlreichen Videos auf Youtube und Facebook sorgte. „Du sagst, der Tod ist mein Geliebter, und er will bei dir einziehen“ singt Unstern in „Ergiebig Und Erschwinglich“, das insgesamt sehr viel poetischer ist als es Unstern zu wollen vorgibt.

Aber genug von den Texten. Musikalisch erinnert die Platte an den Komponisten Harry Partch. Der hatte sich der Mikrotonalität gewidmet, Instrumente und Tonleitern erfunden und erarbeitet. Das Sperrige, die unheimliche Vielzahl an Instrumenten, eine Geräuschfülle, die es dem Hörer zunächst etwas schwer macht, und das Erfinden eigener Instrumente auf „The Great Hans Unstern Swindle“, all das kann auf Partch zurückgeführt werden. Partch spielte übrigens unter anderem Harmonium und Bratsche. Instrumente, die bei Hans Unstern auch vorkommen. So kompliziert, wie es sich Partch mit seiner eigens konzipierten Tonleiter gemacht hat, ist Unstern vermutlich – aber wer weiß das schon – nicht an seine Platte herangegangen.

An „The Great Hans Unstern Swindle“ muss man sich gewöhnen, Radiohits findet man hier nicht. Aber wenn man sich in die Musik hineingefuchst und sich auf die gewieften Texte eingelassen hat, kann man diesem Album viel Schönes abgewinnen. Wer sich tatsächlich hinter der Person Hans Unstern verbirgt, muss man wohl bei einem Konzertbesuch herausfinden. Bis dahin glaube ich dem Mann kein Wort. Und das wollte er ja auch so.

Das ByteFM Album der Woche.

In den ByteFM-Magazin-Sendungen spielen wir täglich Musik aus unserem Album der Woche. Die ausführliche Hörprobe folgt am Freitag ab 13 Uhr in „Neuland“.

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Label: Staatsakt | Kaufen

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