Kurt Vile – „Wakin On A Pretty Daze“

Kurt Vile - Wakin On A Pretty DazeVÖ: 5. April 2013
Web: kurtvile.com
Label: Matador

Mit seinem nunmehr fünften Soloalbum entwickelt sich Kurt Vile langsam zu einem bedeutenden Gitarristen und Songwriter seiner Generation. Diesen Status unterstreicht er mit „Wakin On A Pretty Daze“ – einem knapp 70-minütigen Manifest, irgendwo zwischen Lou Reed, Bruce Springsteen, Bob Dylan und Nick Drake.

Bereits beim ersten Durchlauf stellt sich die Frage, was Kurt Vile nicht für eine große Sehnsucht haben muss. Sein Wohnsitz Philadelphia liegt an der amerikanischen Ostküste und ist dort die zweitgrößte Stadt neben New York City. Trotzdem klingen die ausufernden Songs nach zeitlosen Stunden und Reisen im ländlichen Kern des Landes, tausende Kilometer weit entfernt. Am anderen Ende des Kontinents, an der Westküste, schlug in San Francisco Mark Kozelek mit seiner Band Sun Kil Moon vor einigen Jahren einen ähnlichen Weg ein. Zwar wesentlich folkiger als hier, aber ebenfalls voll von weichen, überlangen Songs im Geiste amerikanischer Traditionsmusik. Gerne wird Kurt Vile mit den Tom Pettys und Bruce Springsteens dieser Welt verglichen. Auch sein Lou-Reed-artiges Genuschel manifestiert diesen heroischen Vergleich und huldigt damit auf sehr sympathische Art und Weise seinen großen Vorbildern. Vile ist damit zwar kein Erfinder, aber ein guter Schüler. Er vermag es, den Sound der alten Männer in die Zeitlosigkeit zu übertragen, den Ballast der Geschichte abzuwerfen und seine eigene, kleine Nische zu finden.

Jedes der elf Kleinode startet mit einem warmen, süßlichen Rhythmus, der bis zum Ende anhält. Damit könnte man Viles Kompositionen Monotonie vorwerfen, so sehr ähneln sich die einzelnen Songs. Allerdings wird mit jedem weiteren Durchlauf offenbarer, wie geschickt und komplex Kurt Vile hier auf kleiner Spur arrangiert: Sas scheinbar einfach und zum größten Teil akustisch gehaltene Album mit psychedelischen Einflüssen oder auch verlangsamten Dream-Pop-Elementen legt mit anhaltender Dauer seinen Fokus auf traditionellen Folk und Blues. Auch (bewusst) verwischte Country-Anleihen lassen sich im Soundgefüge entziffern. Das spannendste Element von „Wakin On A Pretty Daze“ liegt aber darin, dass seine Kompositionen in ein Aquarium getaucht zu sein scheinen. Die offensichtliche Eingängigkeit wird anhaltend verwischt und neu geordnet – ein Wechselspiel zwischen Simplizität und Subtilität. Durch diese innere Spannung fühlt man sich gleichzeitig im Hier und Jetzt daheim und im selben Moment woanders, wie in einem Tagtraum.

„Wakin On A Pretty Daze“ ist ein zeitloser Klassiker, unbeschwert und erwachsen. Er schlägt elegant die Brücke zwischen dem Sound von alten Vorbildern und modernen Arrangements. Die Verehrung für Bruce Springsteen wird auch im aktuellen Video zur ersten Single „Wakin On A Pretty Day“ deutlich. Es zeigt dort den spröden wie herzlichen Charme von Kurt Viles Heimatstadt Philadelphia und steht damit in der Tradition des Springsteen-Klassikers „Streets Of Philadelphia“. Auch deshalb ist es logisch, dass der berühmte Streetart-Künstler Stephen Powers das Cover zum neuem Album entworfen hat. Dies entstand an einer Hauswand in Philadelphia und soll auch bald Wände in London, Los Angeles und New York bildgewaltig zieren – eine Ehre, die diesem zukünftigen Indie-Klassiker mehr als gebührt.

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