Junip live in der Laeiszhalle in Hamburg

Junip in der Laeiszhalle in Hamburg (Foto: Tine Ohlau)Junip in der Laeiszhalle in Hamburg (Foto: Tine Ohlau)

Ein Jahr ist es her, dass Junip ihr zweites Album „Junip“ veröffentlichten. Es gab wohl kaum eine Jahresbestenliste 2013, auf der diese Platte nicht vertreten war. Auch die seltenen Konzerte der Band um José González waren zum einen stets ausverkauft, zum anderen bei den Besuchern Gesprächsthema für die nächsten Monate. Das lag daran, dass „Junip“ perfekt auf die Bühne gebracht wurde: Der Sound stimmte, die Songs erst recht, und so wortkarg Lockenkopf González auch sein mag – er ist absolut charismatisch.

Doch dann wurde es wieder ruhiger um die Schweden. Für den Soundtrack zu „The Secret Life Of Walter Mitty“ gab es tatsächlich ein paar neue Songs aus der Feder von González, von weiteren Live-Aufritten oder gar neuem Material war aber nicht die Rede. Kein Wunder, schließlich dauerten ja auch der Schreibprozess und die Aufnahmen zu „Junip“ unendlich lang. Dementsprechend überrascht las ich dann die Ankündigung: „Junip treten beim ersten Internationalen Musikfest Hamburg auf.“ Und das auch noch im großen Saal der Laeiszhalle. Zur Erklärung: Die Laeiszhalle ist ein sehr traditionsreiches Konzerthaus in Hamburg, und bis zur Fertigstellung der Elbphilharmonie auch das wichtigste.

Am Dienstag war es dann schließlich so weit: Während die einen glücklichen Kartenbesitzer sich vor der Halle noch die Füße platt treten, bekommen im Saal selbst schon die ersten Jutebeutelträger ihre Plätze zugewiesen. Ein bizarres Bild: Fans, die sich sonst in schummrigen Clubs noch mal schnell ein Bier an der Theke holen, warten hier im hell erleuchteten Raum mit hohen Decken – auf festen Sitzplätzen. Man muss zugeben: Das Flair hier ist doch ein wenig anders als im Uebel & Gefährlich vor einem Jahr.

Um 21.47 Uhr haben dann aber brav alle ihre Plätze eingenommen, das Licht geht aus, das Publikum jubelt, und die sechs Schweden kommen auf die Bühne. Auf große Lightshow und sonstiges Brimborium wird, wie bei Junip üblich, verzichtet; einzig ein paar Lichter hinter der Band und ein bisschen Nebel gibt’s, ansonsten stehen nur ein paar aufgeklappte Instrumentenkoffer dekorativ auf der Bühne herum. Ein Bühnenbild, das perfekt zum meist ruhig-hypnotischen Indie-Pop der Band passt.

Als José und Co. dann aber loslegen, staune ich aber nicht schlecht – der Sound klingt arg flach, und irgendwas mit dem Bass stimmt auch nicht. Sorgenvolle Gesichter neben mir, denn auch der zweite Track klingt nicht so gut wie eigentlich erwartet – doch keine Panik, nach einem etwas holprigen Start brillieren Junip wie gewohnt. Egal, ob „Walking Lightly“, „Your Life Your Call“, „Don’t Let It Pass“ – die Schweden machen Musik, die man einfach lieben muss. Zwar ist es schon ziemlich schräg, dass das Publikum so brav sitzen bleibt (vereinzelt wird energisch und hypnotisiert mit dem Kopf mitgewippt), aber Ort, Bühne und Künstler passen wunderbar zusammen.

Auch heute ist José González nicht der gesprächigste Mensch auf Erden, trotzdem erfahren wir zwischendrin: So eine richtige Tour war nicht wirklich geplant, aber sie hätten sich überreden lassen, und überhaupt sei das hier ein „lovely venue“. Hat sich dann also für alle Beteiligten gelohnt. Ein paar rar gesähte „thank yous“ gibt es noch während des Gigs von seiner Seite, ansonsten war es das mit dem Wortanteil des Lockenkopfs. Aber mehr will man gar nicht – schließlich will man eigentlich nur, dass der Mann ewig weitersingt. Erstaunlich viele Synthies stehen auf der Bühne, die auch fleißig, aber sehr bewusst eingesetzt werden. Auch hier: was für eine Band, was für Songs – und letzten Endes auch was für ein Sound. Jedes der sechs Bandmitglieder brilliert, sei es der Schlagzeuger, die drei Herren an den Synthies, und auch der Bassist – der zwar gelegentlich ein wenig verwundert seinen Verstärker beäugt (anscheinend die Quelle des komischen Klangs am Anfang), sich dann aber achselzuckend an seinem Instrument austobt oder auch mal an ein Keyboard geht.

Erstaunlich schnell gehen Junip dann um 22.45 Uhr von der Bühne, kommen aber nach einem gigantischen Saalapplaus zügig wieder zurückgeeilt. Letzter Song ist das herrlich in die Länge gezogene „After All Is Said And Done“. Nach knapp 70 Minuten ist Schluss. Junip lassen es sich aber nicht nehmen, passend zur Theaterbühne der Laeiszhalle noch einmal herauszukommen: Es gibt ein schüchtern-verschmitztes Grinsen auf allen Gesichtern der Band und eine tiefe Verbeugung vor dem jubelnden Publikum.

Fazit: Über die ersten beiden Songs sprechen wir nicht mehr. Dafür war der Rest super – ein wunderschöner Konzertsaal, ein Auftritt mit sehr viel Atmosphäre, und eine herrlich unaufgeregte Band, die einfach ihre großartigen Songs spielt. Vielleicht hätten sie noch ein wenig länger spielen können. Aber das ist Meckern auf ganz hohem Niveau – und irgendwas ist ja immer, oder?

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Diskussionen

2 Comments
  1. posted by
    Ukulady
    Mai 15, 2014 Reply

    Danke für deinen Bericht. Leider kann ich den nur z.T. teilen. Ich finde auch die Band hat einen guten Job gemacht, der allerdings durch den schlechten Sound stellenweise deutlich getrübt wurde. Zwar wurde nach den ersten Liedern offenbar noch etwas zum besseren nachgeregelt, aber richtig dicke wurde das nicht. Bzw. zu dicke. Solange es zurückgenommen zuging, konnte man sich von Josés Stimme fein einlullen lassen, aber sobald die Synthie-/Percussionwand hochgezogen wurde, gab es nur eine wenig definierte- Wand. Auch von der erwähnten Ansage konnte man z.B. von unseren Plätzen kein Wort verstehen. Mein Verdacht ist auch, dass sie schon beim Soundcheck damit zu kämpfen hatte, denn der zog sich ja erheblich in die Länge. In sofern kann ich nicht sagen, dass Band und Ort wirklich gut zusammenpassten. Zumal ein zum stehen gezwungenes Publikum sich sicherlich auch mal mehr bewegt hätte. Das alles und die nur gute Stunde Spielzeit zusammen genommen, würde ich sagen, das war ein ganz schöner Konzertabend, aber nicht spitze.

  2. posted by
    Timo
    Mai 17, 2014 Reply

    „Es gab wohl kaum eine Jahresbestenliste 2013, auf der diese Platte nicht vertreten war“: Doch. Von den ByteFM-Moderatoren hatte niemand das Album aufgelistet. Und im Ergebnis des Jahrespolls taucht das Album ebenfalls nicht auf.

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