Jessica Pratt – „On Your Own Love Again“ (Album der Woche)

"Cover

Jessica Pratt – „On Your Own Love Again“ (Drag City)

„People’s faces blend together like a watercolor you can’t remember in time.“

Diese bildhafte Songzeile bleibt im Gedächtnis. Ebenso ein Albumtitel von solch subtiler und puristischer Schönheit: „On Your Own Love Again“. Es ist das zweite Album von Jessica Pratt, der Singer-Songwriterin aus San Francisco. Mit ihrer selbstbetitelten Debütplatte macht sie bereits 2012 auf sich aufmerksam. Wer ist diese Künstlerin mit der zarten, fast schon kindlichen Stimme? Und wie erschafft sie bloß diese melancholisch-betäubenden Songs, die fast immer aus ihrem Gesang und einer Akustikgitarre bestehen?

Auch wenn sich Pratt gegen feste Genrezuschreibungen sträubt, kann man ihre Kompositionen am ehesten der „Freak-Folk“-Bewegung zuordnen. Die Stücke auf „On Your Own Love Again“ sind grandios unvollkommene, kurzweilige Soundcollagen. Aufgrund simpler Heim-Produktion ist ein charakteristischer Lo-Fi-Sound ebenso omnipräsent wie ein stetes Hintergrundrauschen. Zusammen mit der leicht verstimmten Gitarre und dem nuschelnden Gesang ergibt sich so ein hörbar handgemachter, durch und durch „menschlicher“ Sound.

Menschlich sind auch die Themen von Liebe, Enttäuschung und Wut. Pratt vertont diese Emotionen in ihrer eigenwilligen Manier. Es dominieren die Akustik-Gitarren-Klänge – andere Instrumente baut sie nur selten und sehr unterschwellig ein. Der Albumopener „Wrong Hand“ verziert sich beispielsweise mit angestaubten Orgel-Tönen, „Game That I Play“ ist der einzige Song mit gedämpftem Percussion-Klopfen. Die ersten 30 Sekunden von „Greycedes“ reichen dagegen aus, um sich von Pratts eindrücklichstem Instrument – ihrer Stimme – zu überzeugen. Hier zeigt sich eine kaum fassbare Variabilität an Timbre und Tonhöhe. Eufonischer Höhepunkt ist der abschließende Titeltrack, der in nur anderthalb Minuten ein völlig hypnotisierendes, eigenwilliges Universum erzeugt. Jessica Pratts „On Your Own Love Again“ ist wahrlich einzigartig, zeitlos und voller Überraschungen.

Veröffentlichung: 27. Januar 2015
Label: Drag City

Das könnte Dich auch interessieren:

  • Jamie xx – „In Colour“ (Album der Woche)
    Dance-Musik macht Jamie xx glücklich. Mit seinem Debütalbum "In Colour" gibt der 26-Jährige ein Stück von diesem Glück weiter. "In Colour" ist ein in vielen Farben schillerndes House-Dubstep-Amalgam. Soundschnipsel aus Jungle-Dokus und hochkarätige Gäste treffen auf pluckernde Arpeggios, dröhnende Synths und lässige Beats....
  • Postmoderner Folk-Rock: „Time Is Now“ von Susan James
    Mit unserem stereolabbig rockenden Track des Tages „Time Is Now“ kündigt die Folk-Rock-Musikerin Susan James ihr siebtes Album an....
  • Cover des Albums Yes Lawd! von NxWorries
    Knxwledge bastelt lässige Samples à la Madlib, Anderson .Paak rappt locker und mit viel Soul darüber. Ein paar uneilige Beats dazu – fertig ist „Yes Lawd!“, das Debüt der HipHop-Kollaboration mit dem Namen NxWorries....


Deine Meinung

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.