Schon im Vorfeld meines Treffens mit Sophie Hunger wurde ich nervös gemacht. Erst wenn er meine Bestätigung hätte, daß ich das neue Album "1983" gehört habe, würde er das Interview freigeben, so der Tourmanager. Dazu schickte er mir die offizielle Presseinfo sowie die Texte des Albums. Sophie merke es schnell, wenn ein Journalist nicht richtig vorbereitet ist und es würde dann kein gutes Interview werden. Entweder ist es anscheinend für viele meiner Kollegen keine Selbstverständlichkeit, sich ordentlich vorzubereiten, oder Sophie Hunger ist außerordentlich zickig, dachte ich. Unbegründete Befürchtungen. Eine etwas angeschlagene, nicht gerade herzliche, aber trotzdem freundliche Sophie Hunger trittt mir entgegen. Bedächtig sprechend, wohlüberlegt, zwischendrin immer wieder enthusiastisch mit einem Blitzen in den Augen - wie ein kleines Kind, das aufgeregt seinen Eltern ein Erlebnis erzählt.
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In welcher Rolle sie sich wohl gefunden hätte, wenn's mit der Musikkarriere nicht geklappt hätte? Welche Pläne für die Zukunft hatte Sophie Hunger?
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Das Singen hat sich Sophie Hunger selbst beigebracht, indem sie einfach Lieder nachsang und versuchte, die jeweilige Geasngstechnik zu imitieren. Was ist aber das erste Lied, an das sie sich bewusst erinnern kann?
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Welche Musik Sophie Hunger jetzt wohl hört, frage ich. Direkt, ohne zu überlegen, in geradezu harschem Tonfall antwortete sie: "Ich höre keine Musik. Nein, ich höre eigentlich fast nie Musik." Dann realtivierte sie aber doch.
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Stichwort Glenn Gould. Welch Zufall, dass ich noch kurz vor dem Interview Thomas Bernhards "Untergeher" gelesen habe, ein Buch, in dem Glenn Gould eine zentrale Rolle spielt. Wir unterhalten uns eine Weile über Thomas Bernhard und Sophie Hungers Eindruck von Salzburg, der Heimatstadt Thomas Bernhards. Denn dort war Sophie Hunger letzten Sommer, um für Die Zeit von den Salzburger Festpielen zu berichten. Schon 2009 kolumnierte sie für die schweizer Ausgabe der Wochenzeitung.
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Ein Interesse am Journalismus scheint bei Sophie Hunger aber zu bestehen. Sie lese gerade eine Biographie von Marion Dönhoff, einer der prominentesten und wichtigsten Persönlichkeiten im deutschen Journalismus der Nachkriegszeit, erzählt sie mir. Aber zurück zur Musik, zurück zu Sophie Hungers Texten. Auf ihrem neuen Album gibt sie sich um einiges politischer und sozialkritischer als auf dem Vorgänger "Monday's Ghost". Ein bewusster Schritt? Sophie überlegt.
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Trotzdem ist der Titel des Albums sowie der ersten Singleauskoppelung "1983" ein sehr persönlicher. 1983 ist Sophie Hungers Geburtsjahr.
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Nicht nur die 1983-Geborenen fühlen sich von Hungers Musik angesprochen. Die letzten zwei Jahre waren für die schweizer Musikerin außerordentlich erfolgreiche. Innerhalb kurzer Zeit nahm sie die Alben "Monday’s Ghost" sowie "1983" auf, die in ihrem Heimatland auf Platz 1 der Chart landeten und sich auch im Rest Europas gut verkauften. Arte und 3sat sowie diverse Printmedien haben die junge Künstlerin zu ihrem Liebling auserkoren. Diesen Eindruck bekommt man zumindest, betrachtet man all die Artikel und Special-Features, die über Sophie Hunger erschienen und erscheinen. Natürlich sind auch negative Stimmen dabei. Ob sie das beeinflusse?
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Und wie geht Sophie Hunger mit der Erwartungshaltung des Publikums um? Spürt sie einen Leistungsdruck, hat sie keine Angst vor einem kreativen Burn Out?
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Ein paar Möglichkeiten, Sophie Hunger anzugucken und zu hören gibt es noch. Sie spielt heute im Berliner Lido. Dann gehts für drei weitere Termine in die Schweiz, worauf erst mal wohlverdiente Weihnachtsferien folgen. Im Januar ist Sophie Hunger dann wieder in Deutschland: