Rufus Wainwright – „Unfollow The Rules“ (Album der Woche)

Bild des Albumcovers „Unfollow The Rules“ von Rufus Wainwright, das das ByteFM Album der Woche ist.

Rufus Wainwright – „Unfollow The Rules“ (BMG Rights Management / Warner)

Lange Jahre schien es so, als hätte Rufus Wainwright dem Pop endgültig abgeschworen. Das letzte Studioalbum des New Yorker Barock-Pop-Künstlers und klassisch ausgebildeten Komponisten erschien im Jahr 2012. Der Titel „Out Of The Game“ wirkt aus heutiger Sicht prophetisch: Ein letzter Tanz mit der so geschimpften U-Musik – und Wainwright war raus. Seitdem widmete er sich voll und ganz seiner Klassik-Karriere. Er komponierte seine zweite Oper, veröffentlichte seine erste erneut und vertonte nebenbei neun Shakespeare-Sonette.

Nun erscheint sein neuestes Werk. Es ist kein Ballett, keine Oper, nicht mal eine Operette, sondern ein Pop-Album – von der Sorte, wie es nur von einem Rufus Wainwright gemacht werden konnte: „Unfollow The Rules“, sein achtes Soloalbum, ist eine Mischung aus analytischem Songwriting-Handwerk und herzzerreißender Pop-Magie.

Herzzerreißendes Handwerk

Wainwright spricht von dem Beginn eines „zweiten Akts“ seiner Karriere. Eines neuen Abschnitts, in dem alle dispersen Elemente seiner Laufbahn zusammenlaufen. Das merkt man am meisten in seinem Songwriting, in dem die Grenzen zwischen E- und U-Musik verschwimmen. „Romantical Man“ klingt, als hätte Giorgio Moroder ein Schubert-Kunstlied arrangiert. Ähnlich wie er in seinem klassischen Œuvre mit Referenzen spielt (die verspielten Opern von Giuseppe Verdi, das Wehklagen der Lieder von Franz Schubert), ist auch „Unfollow The Rules“ mit Oden und Hommagen an Größen der Pop-Musik gespickt. „Damsel In Distress“ ist eine Verneigung vor dem angejazzten Folk-Rock von Joni Mitchell. „This One’s For The Ladies“ ist in bester Phil-Spector-Tradition von einer klebrig süßen Wall of Sound umgeben.

Bei all dem abstrakten musikwissenschaftlichen Handwerk ist die größte Offenbarung von „Unfollow The Rules“ Wainwrights Poesie. Seine Wörter schlagen Pirouetten, drehen sich virtuos im Kreis und kommen in unerwarteten Positionen zum Schluss: „I was making rounds from the back to my forehead / Then going back round / From the front to the back of my crown“, singt er in „Trouble In Paradise“. In „Peaceful Afternoon“ besingt der seit acht Jahren verheiratete Wainwright die großen und kleinen Schwierigkeiten von langjährigen Beziehungen – und betet trotzdem dafür, dass das Gesicht seines Ehemanns das letzte sein soll, dass er in diesem Leben sehen wird. Ohne diese Lyrik wäre „Unfollow The Rules“ eine analytische Fingerübung. Mit ihr wird aus dieser Etüde große Pop-Kunst.

Veröffentlichung: 10. Juli 2020
Label: BMG Rights Management / Warner

Bild mit Text: „Ja ich will Radiokultur unterstützen“ / „Freunde von ByteFM“

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