Von Zeit und Wunden: „Jahre später“ von Culk (Videopremiere)

Filmstill aus dem neuen Musikvideo von Culk zur Single „Jahre später“.

Culk haben ein Musikvideo zu ihrer Single „Jahre später“ herausgebracht

Im Oktober vergangenen Jahres veröffentlichte die österreichische Post-Punk-Formation Culk ihr zweites Album „Zerstreuen über Euch“. Das Quartett um Sängerin Sophie Löw zeigt sich darauf verletzlich und gesellschaftskritisch, thematisiert in den Texten Dinge, die zwar oft als persönliche Probleme abgetan werden, aber doch inhärent politisch sind. Dinge wie die kleinen Tricks, die man als Frau anwendet, um nachts auf der Straße nicht belästigt zu werden und heil zu Hause anzukommen. Oder die Rolle der Sprache für die Sicht- und Hörbarkeit geschlechtlicher Vielfalt.

Ein Song, der dabei heraussticht, ist „Jahre später“, der im analytisch scharfen und zugleich poetischen Duktus Löws die Verarbeitung lang zurückliegender Verletzungen zum Gegenstand hat: „Du verstehst erst Jahre später, zerbrichst Jahre später noch mal“, singt sie darin. Und: „Du musst erst benennen, um zu erkennen, um davor wegrennen zu können.“

Eigene Erfahrungen verstehen

Die Mehrzahl solcher Verletzungen erleidet man bekanntlich in intimen Beziehungen, also vor allem im familiären Umfeld, oft schon in einer Zeit, in der man noch gar nicht in der Lage ist, Normales von Unnormalem zu unterscheiden. Gesundes von Ungesundem, Richtiges von Falschem. Später im Leben schaut man dann mit Befremden zurück. Eigene Erfahrungen und emotionales Trauma zu verstehen und zu verarbeiten, setzt eben auch voraus, diese Dinge artikulieren zu können. Und das gelingt oft erst – richtig – Jahre später.

Im neuen Musikvideo zum Song werfen Culk ein Schlaglicht auf die nur oberflächlich gemütliche häuslich-familiäre Sphäre und die befremdlichen Momente im gemeinsamen Leben darin. Entrückt aus dem Fenster starren, manisch das Gemüse schneiden, einander pflegen. Getrennt sein voneinander und von eigenen Bedürfnissen durch eine fast unsichtbare Membran. Freudloses Dasein im Drinnen, weil man hier buchstäblich draußen verbrennt.

Das Video feiert heute Premiere im ByteFM Blog. Unten könnt Ihr Euch den Clip anschauen.

Live erleben könnt Ihr die Band unter anderem am 28. August 2021 beim Berliner Festival Pop-Kultur.

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