Massive Attack – „Blue Lines“ (Album der Woche)

Bild des Albumcovers von „Blue Lines“ von Massive Attack, das unser ByteFM Album der Woche ist.

Massive Attack – „Blue Lines“ (Wild Bunch Records)

Da zum Jahresende traditionell wenig neue Musik veröffentlicht wird, nutzen wir die Chance, um zurückzublicken: Statt neuer Langspieler stellen wir wegweisende Alben vor, die 2021 ein Jubiläum gefeiert haben. In dieser Woche ist es „Blue Lines“ von Massive Attack, das in diesem Jahr 30 Jahre alt geworden ist.

Der Blick zurück offenbart viele interessante Dinge. Besonders in der Musik. Mit mehreren Jahrzehnten Abstand betrachtet, kann ein Album plötzlich wie ein wichtiges historisches Dokument anmuten. Oder wie ein zur Zeit der Veröffentlichung ungerecht übersehener Prophet eines neuen, wegweisenden Sounds. Vielleicht auch als ein komplett überbewertetes, aufgeblasenes Hype-Monster.
Manchmal ist es aber auch einfach ein bisschen simpler. So wie im Falle von Massive Attacks Debütalbum „Blue Lines“, das auch 30 Jahre nach Veröffentlichung immer noch eines der coolsten Stücke Musik aller Zeiten ist.

Robert „3D“ Del Naja, Grantley „Daddy G“ Marshall und Andrew „Mushroom“ Vowles, die Autoren dieses zeitlosen Klassikers, starteten ihre musikalische Karriere im Bristol der 80er-Jahre. Dort waren sie Teil von The Wild Bunch, einem einflussreichen Kollektiv der britischen Soundsystem-Subkultur. 1988 emanzipierten sich die drei Künstler mit einem eigenen Projekt. Massive Attack waren geboren. Mit der finanziellen Unterstützung ihrer frühen Förderin Neneh Cherry und der gesanglichen Unterstützung von Rapper Adrian „Tricky“ Thaws und Sängerin Shara Nelson begab sich die Band Anfang der 90er ins Studio, um ihr Debütalbum aufzunehmen.

Keine Millisekunde gealtert

Soviel zum groben historischen Kontext von „Blue Lines“. Kommen wir zur Musik: Im Nachhinein gilt diese LP als erster Meilenstein des sogenannten Trip-Hops, der knisternden, HipHop, Dub und Electronica vermischenden Nachtmusik, die den Sound von Bristol von da an definieren sollte. Man kann „Blue Lines“ aber auch einfach als das beschreiben, was es wirklich ist: ein 45 Minuten andauernder Gänsehautschauer. Wem sich alleine beim eröffnenden Bassriff von „Safe From Harm“ nicht wohlig die Nackenhaare aufstellen, hat mit großer Wahrscheinlichkeit sowieso keinen Puls mehr.

Massive Attack halten dieses Spannungslevel auf Albumlänge, vom Zeitlupen-Soul von „One Love“ über das finster schleichende „One Man Army“ bis zum opulenten Abschluss „Hymn Of The Big Wheel“. Einzig das William-DeVaughn-Cover „Be Thankful For What You’ve Got“ löst die Spannung ein wenig auf – wenn auch nur geringfügig. Im Kontext dieses Albums klingt der sonnige Funk plötzlich ziemlich bedrohlich.

Neben diesem hohen Intensitätslevel beeindruckt an „Blue Lines“ vor allem noch etwas: Dieses Album klingt immer noch so, als wäre es erst gestern veröffentlicht worden. Selbst ein mit allerlei 90er-Jahre-typischen Elementen ausgeschmückter Song wie „Unfinished Sympathy“, mit seinen nicht ganz unschmalzigen Streichern und „Hey-Hey-Hey“-Samples, ist drei Jahrzehnte später immer noch pures, in Musik gepresstes Glücksgefühl. „Blue Lines“ ist ein Album, das sich aktiv zu weigern scheint, schlecht zu altern. Und das wahrscheinlich auch in den nächsten 30 Jahren noch verlässlich für Gänsehautschauer sorgen wird.

Veröffentlichung: 8. April 1991
Label: Wild Bunch Records

Bild mit Text: „Ja ich will Radiokultur unterstützen“ / „Freunde von ByteFM“

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