Sleigh Bells und der Hype

Ohne einen Track veröffentlich zu haben und mit weniger als einem Dutzend gespielter Shows löste das Brooklyner Duo Sleigh Bells Ende letzten Jahres im Internet einen Hype aus, wie es gefühlt zuletzt die Arctic Monkeys geschafft hatten.

Während sich Blogger langsam schwer taten, neue Superlative zu erfinden, wurden Sleigh Bells Headliner des Pitchfork Music Festivals, bekamen die begehrtesten Plätze beim SXSW und wurden vom renommierten Coachella Festival verpflichtet, wo sie neben Thom Yorke, den Gorillaz und Pavement auftraten. Immer noch ohne einen Track veröffentlicht zu haben. Zu verdanken hatten Gitarrist/Songwriter/Produzent Derek Miller und Sängerin Alexis Krauss das alles einer Handvoll Demos, die sich rasend schnell im Netz verbreitet hatten.

Zum Hype gibt es natürlich auch die passende Geschichte. Die 24jährige Krauss spielte als Teenager in der wenig erfolgreichen Girlgroup Rubyblue und wurde schließlich Grundschullehrerin in Brooklyn. Miller war bis 2004 Gitarrist der Post-Hardcore-Band Poison The Well aus Miami. Nach seinem Ausstieg zog er nach New York, wo er als Kellner arbeitete. In dem Restaurant, in dem er kellnerte, kam er mit Krauss’ Mutter ins Gespräch und erzählte ihr, er sei gerade auf der Suche nach einer Sängerin für sein neues Projekt. Sie schlug ihm sofort ihre Tochter vor.

In Millers Schlafzimmer nahmen sie dann erste Demos auf. Und es klingt, als wären dabei die Pegel so sehr in den roten Bereich gegangen, wie es der Laptop eben zugelassen hat. Das Rezept von Sleigh Bells scheint auf den ersten Blick sehr simpel. Sie sind sehr laut. Doch neben all der Übersteuerung, repetitiven Gesangsmelodien, trashigen Gitarrenlicks und bombastischen Beats erkennt man am besten beim Song Ring Ring, was sich eigentlich hinter der Musik von Sleigh Bells verbirgt: eingängige Popmelodien.

Sehr revolutionär ist die Mischung sicherlich nicht. Sleigh Bells haben jedoch eine Energie, die man aus dem Indie-Bereich lange nicht gehört hat. Das dachte sich wahrscheinlich auch M.I.A. Sie sah die Band Ende letzten Jahres auf einem Konzert in New York und war so begeistert, dass sie Miller als Produzenten für ihr neues Album engagierte und das Duo auf ihrem NEET Label unter Vertrag nahm.

Am 11. Mai wird in den USA Sleigh Bells’ Debütalbum „Treats“ veröffentlicht. Für Deutschland gibt es bis jetzt keinen Veröffentlichungstermin, lange wird das aber wohl sicher nicht so bleiben. Tell ’Em, die erste Single aus „Treats“, könnt Ihr auf dieser optisch doch ein wenig anstrengenden Seite kostenlos herunterladen.

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  • (Zomba)
    Wäre der Indie-Zirkus ein Schulhof, wären Sleigh Bells die gut aussehenden, coolen, älteren Schüler, die in der Ecke rauchen, meint unser Rezensent. Die amerikanische Band zeichnet auch auf ihrem neuen Album eine Mischung aus Popaffinität und dem Punch von harten, manchmal Van-Halen-artigen Gitarrenriffs aus....
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