Little Simz – „No Thank You“ (Rezension)

Cover des Albums „No Thank You“ von Little Simz.

Little Simz – „No Thank You“ (Forever Living Originals)

8,5

„Sometimes I Might Be Introvert“, das 2021 veröffentlichte vierte Album von Little Simz, war mehr als nur ein Album. Es war der ultimative Kraftbeweis der britischen Rapperin. Entgegen der namensgebenden Introvertiertheit zeigte Simbiatu Abisola Abiola Ajikawo sich auf diesen 19 Songs so groß wie nie zuvor. „I’m a black woman and I’m a proud one“, rappte sie im eröffnenden Titeltrack, umgarnt von opulenten Streichern, Chor und Bläsern. „We walk in blind faith not knowing the outcome / But as long as we’re unified, then we’ve already won.“ Ein Triumph von einem Album, das zu den besten und wichtigsten LPs dieses jungen Jahrzehnts zählen dürfte.

Was macht man nach solch einem Meilenstein? Einfach weiter. Und zwar in Form von „No Thank You“, dem nun erschienenen fünften Album von Little Simz. Allein die Art der Ankündigung ist ein Flex: Ajikawo verkündete die Existenz dieser am 12. Dezember 2022 veröffentlichten Platte nur wenige Tage vorher. Dann veröffentlicht sie es auch noch an einem Montag, wo doch sonst alle LPs immer am Freitag erscheinen – während alle Musik-Redaktionen bereits schwer damit beschäftigt sind, die Bestenlisten des Jahres zusammenzuschreiben. Ajikawo weiß, dass sie keinen großen Promo-Rummel braucht. Um Aufmerksamkeit buhlen muss diese Künstlerin nicht mehr.

Kürzer & konzentrierter

Ähnlich wie die kurz nach ihrer dritten LP „Grey Area“ veröffentlichte EP „Drop 6“ wirkt „No Thank You“ zuerst wie der etwas verhaltenere Nachhall nach dem spektakulären Vorgänger. Die zehn Songs leichte, wieder gemeinsam mit dem Produzenten Inflo (der scheinbar auch keine langen Pausen aushält, schließlich produzierte er 2022 alleine mit der Band Sault sechs (!) Langspieler) ausgearbeitete LP ist auf jeden Fall deutlich entspannter und entschlackter. Die imposanten Barock-Arrangements von „Introvert“ sind nicht komplett verschwunden. Manchmal noch schweben sie durch kleine Passagen von Songs wie „Angel“ oder „Silhouette“. Doch der Großteil von „No Thank You“ ist deutlich leichtfüßiger.

Stattdessen gibt sich Ajikawo ultra-fokussiert: Die Songs sind kürzer, konzentrierter und kommen ziemlich direkt zum Punkt. Offizielle Feature-Gäste gibt es keine, obwohl die bekannte Stimme ihrer langen Begleiterin und Sault-Sängerin Cleo Sol durch einige der Songs tänzelt. Trotz des schlichteren Sounds decken Simz und Inflo dabei ein großes Klangspektrum ab, von den Breakbeats von „X“ über die Kinderchöre von „Broken“ und den 80er-Jahre-Synth-Funk von „Who Even Cares“ bis zur atemberaubenden Schönheit des Abschlusssongs „Control“, in dem Simz, begleitet von einem Gospelchor, über ein beatloses Blues-Piano rappt. „When the waves are against me, I just go with the tide“, ist nur eine von vielen direkt im Herz nachklingenden Zeilen.

Das große Highlight ist aber der zweite Songs des Albums: „Gorilla“ beginnt noch mit einer opulenten Bläserfanfare, nur um binnen Sekunden in einen minimalistischen Kontrabass-und-Drums-Groove überzugehen. Ein schlichter Beat, den Little Simz dominiert: In einem einzigen, refainlosen, vier Minuten andauernden Vers schleudert sie mit der rhythmischen Perfektion eines Jazz-Drummers eine messerscharfe Zeile nach der nächsten heraus. Und das ohne Pause. Es bleibt kaum Zeit, die Worte aufzunehmen. „Big time driller, monkey to gorilla / Who is this woman that I’m seein‘ in the mirror? / Drink ’42 and smoke cigar / Name one time where I didn’t deliver“, kokettiert sie zu Beginn. Und man fragt sich: Ja, wann hat diese Frau denn mal irgendetwas Halbgares abgeliefert? Bisher noch nicht – und wenn die bisherige Diskografie von Little Simz als Richtwert gelten darf, sollte das auch noch lange so weitergehen.

Veröffentlichung: 12. Dezember 2022
Label: Forever Living Originals

Bild mit Text: „Ja ich will Radiokultur unterstützen“ / „Freunde von ByteFM“

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