Die Königsmacher

Viel wird dieser Tage wieder geschrieben und geredet über Michael Jackson, der heute vor einem Jahr an einem von seinem Arzt verabreichten Medikamentencocktail starb. In allen Medien wird seine Biografie von Neuem wieder aufgerollt. Kaum ein Aspekt seines Lebens, der nicht schon 1000-fach von der Presse durchgekaut worden wäre. Dabei reichen die Darstellungen vom kleine Jungs vernaschenden Wacko Jacko bis zum unantastbaren King of Pop.

Seine Fans verehren ihn als musikalisches Genie, seine Feinde sehen in ihm eine Marionette der Musikindustrie und kreiden ihm an, dass man ihn nie ein Instrument spielen sah und er ab den 90ern einen großen Teil seiner Bühnenauftritte Playback sang.

Unbestritten konnte Michael Jackson gut singen und tanzen, wie aber entstand seine Musik?

Fakt ist, in seiner Karriere arbeitete er ununterbrochen mit verschiedensten Produzenten und Songschreibern, die seine Musik und seinen Erfolg maßgeblich prägten. Sie sind die Königsmacher.

Als jüngstes Mitglied der Familienkombo The Jackson 5 war Michael Jacksons Sangeslaufbahn von Kindheit an vorgezeichnet. Vater Joe: „Ich trainierte meinen Sohn darauf ein Genie zu werden. Ich liebe meinen Sohn dafür, dass er so ein Star wurde“.

Die großen Hits der Jackson 5 in den Anfangsjahren beim Label MoTown schrieb ein vierköpfiges Songschreiber-Team namens „The Corporation“, eigens engagiert um einen Sound zu kreieren, der gemeinhin als Bubblegum Soul bezeichnet wird. Mit Hits wie „ABC“, „Sugar Daddy“ und „I want You Back“ machten sie die Gebrüder Jackson berühmt. Den Geschwistern selbst war es indes untersagt, eigene Songs zu veröffentlichen und, obwohl sie auf der Bühne mit Instrumenten auftraten, wurden alle Aufnahmen im Studio mit Profimusikern eingespielt. Später lösten sich die Jacksons von MoTown, um von nun an ihre eigenen Songs zu produzieren. Es entstand eine Reihe seichter Disco-Pop-Alben, für die Michael, der nun auch als Solokünstler unterwegs war, einen Großteil der Songs schrieb.

Seine musikalische Mentorin dieser Zeit soll Diana Ross gewesen sein, zu der ihn Zeit seines Lebens eine enge Freundschaft verband. Ihr und ihren Affairen ist gerüchteweise auch der Song „Dirty Diana“ gewidmet.

Die vielleicht wichtigste Begegnung seines Lebens machte Jackson aber am Rande der Dreharbeiten des Kinomusicals „The Wiz“, in dem er an der Seite von Diana Ross eine Vogelscheuche, die sich ein Hirn wünscht, spielte. Er traf auf den Produzenten Quincy Jones, in dessen Lebenslauf sich alle wichtigen Jazzmusiker seiner Zeit versammeln: Sarah Vaughan, Count Basie, Ray Charles und Frank Sinatra, um nur einige zu nennen. Mit Michael Jackson landete Jones seinen größten Coup.

Er produzierte die drei legendären Alben „Off The Wall“, „Thriller“ und „Bad“.
Er lud dazu hochkarätige Musiker und Songschreiber ins Studio, unter anderem Stevie Wonder, Paul McCartney und Eddie Van Halen. Aber auch Michael Jackson erwies sich als engagierter Songschreiber. Von ihm sind Dancefloorburner wie “Don‘t Stop Till You Get Enough”, “Wanna Be Starting Something”, “Beat It” und “Billie Jean”.

Stammten auf „Off The Wall“ noch drei von zehn und auf „Thriller“ vier von neun Songs aus seiner Feder, so schrieb Michael für „Bad“ fast alle Songs selbst. Den kommerziellen Erfolg von „Thriller“, das bis heute das meistverkaufte Album aller Zeiten ist, konnte er jedoch nicht toppen. Da „Bad“ nicht so erfolgreich wurde wie „Thriller“, trennte sich Michael Jackson von Quincy Jones und wechselte zu Teddy Riley.

Der damals erst 23 jährige Produzent war eine Koryphäe des sogenannten New Jack Swing, einer Mischung aus Hip Hop, Dance und R‘n‘B. Er gab Jacksons Musik eine neue Stilrichtung.

Auf dem Album „Dangerous“ fungierte der King Of Pop meist nur noch als Co-Writer. Die einzigen Songs, die Jackson allein schrieb, waren Weltrettungsschnulzen wie „Heal The World“ und „Will You Be There“ vom Soundtrack zum Film „Free Willy“. Diese sind aus Jacksons Feder und weitere dieser Art sollten folgen.
Zur Entstehung des „Earth Songs“, der auf dem Doppelalbum „History“ erschien sagte er:

„Ich erinnere mich, wie ich „Earth Song“ in einem Hotel in Österreich schrieb. Und ich fühlte solche Pein und so viel Schmerzen angesichts der Not des Planeten Erde. Dies ist meine Chance, möglichst viele Menschen die Stimme des Planeten hören zu lassen. Das ist es, wodurch es inspiriert wurde. Es fiel mir gleichsam in den Schoß“.

Ab den 90er Jahren, also der Zeit in die die Missbrauchsvorwürfe fallen, begann der King of Pop, einen immer größeren Hofstaat an namhaften Produzenten um sich zu scharen. Darunter Größen des HipHop- und R‘n‘B-Geschäfts wie Babyface oder R. Kelly, der für ihn die Kitschballade „You Are Not Alone“ schrieb. Sage und schreibe acht Produzenten und fünf Gaststars waren an seinem letzten 2001 erschienenen Album „Invincible“ beteiligt. Heraus kam ein Produkt, das genauso von Britney Spears oder jedem anderen Retorten-Star hätte sein können. Nur einen Song darauf hat Michael selbst geschrieben. Auf die Frage, wie seine Songs denn entstehen würden, antwortete Jackson 2001:

“Es ist wirklich in Gottes Hand, und es ist, als sei es schon geschrieben bevor wir geboren werden, und du bist wirklich nur die Quelle, durch die die Lieder kommen. Sie fallen dir einfach in ihrer Gänze in den Schoß. Es ist eine Arbeit Gottes.“

Bei eben diesem sitzt er jetzt. Rest In Peace Michael Jackson.

Mehr dazu heute im ByteFM Magazin ab 15 Uhr mit Jumoke Olusanmi

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