Neue Platten: Bill Callahan – „Apocalypse“

Wer? Was? Warum? ByteFM Redakteure besprechen eine Auswahl aktueller Neuerscheinungen.

Wer? Bill Callahan wurde 1966 in Maryland geboren und lebt derzeit in Austin (Texas). Auch wenn der Begriff in diesem Fall (wie eigentlich so häufig) zu einschränkend wirkt, darf Callahan durchaus der Riege der Singer/Songwriter zugeordnet werden, um die musikalische Richtung wenigstens grob zu bestimmen. Seit mehr als zwanzig Jahren veröffentlicht er seine Musik auf dem amerikanischen Label Drag City. Sehr lange tat er dies unter dem Pseudonym Smog, dass er 2007 jedoch ablegte.

Was? Als Smog hat Bill Callahan elf Alben veröffentlicht, „Apocalypse“ ist nun das dritte Album unter eigenem Namen. Es folgt dem vor zwei Jahren erschienenen „Sometimes I Wish We Were An Eagle“, welches im Jahr 2009 das Konsens-Album schlechthin war und Callahan bislang die größte Aufmerksamkeit in seiner langen musikalischen Schaffenszeit bescherte. Im Gegensatz zu diesem doch recht opulent instrumentierten Album kommt „Apocalypse“ nun wieder deutlich reduzierter daher. Beide Alben wurden in ähnlicher Weise zwar jeweils mit einer Band quasi unter Live-Bedingungen aufgenommen, aber bei „Sometimes I Wish We Were An Eagle“ wurden hinterher noch Streicher und Bläser hinzugefügt. Diesmal hat Bill Callahan bewusst darauf verzichtet.

Warum? The real people went away. But I’ll find a better way, someday, leaving only me and my dreams“. Mit diesen Worten beginnt Bill Callahan sein neues Album, und er deutet hiermit an, was folgt. „Apocalypse“ wirkt ausgesprochen introvertiert und erscheint beinahe wie der Versuch einer Selbstfindung und Standortbestimmung, auch wenn Callahans gewohnt unerschütterlicher und selbstbewusster Vortrag diesen Eindruck aufs erste Hören womöglich nicht unbedingt unterstreicht. Seine Stimme ist seit jeher recht dominant, und er setzt sie zudem sehr kontrolliert ein. Umso verwunderlicher ist es, wie sehr die Songs emotional berühren, auch wenn dies nach „Sometimes I Wish We Were An Eagle“ nicht mehr überraschen sollte.
„Apocalypse“ lebt von diesen scheinbaren Widersprüchen, die auch in einzelnen Songs wiederzufinden sind. Der markante und für dieses Album musikalisch eher untypisch wirkende Song „America!“ könnte eine Liebeserklärung an das eigene Land sein und wird dabei doch von Zweifeln begleitet. Dies ist jedoch einer der eher seltenen Momente, in denen Callahan recht deutlich wird, denn ansonsten strotzt dieses Album nur so vor Metaphern, welche die Hörer vielleicht zu interpretieren, jedoch nie wirklich zu entschlüsseln vermögen. Aber so lassen sich immer wieder neue Aspekte entdecken.
Musikalisch bewegt sich „Apocalypse“ irgendwo zwischen Folk und leichtem Jazz, ist daher ziemlich abwechslungsreich und dabei doch sehr homogen. Die anfangs etwas düstere Stimmung weicht im Verlauf der nur sieben Songs (allerdings bei einer Spieldauer von rund vierzig Minuten) kontinuierlich und konsequent einer spürbaren Entspannung. Auf „Riding For The Feeling“ und „Free’s“ entdeckt Callahan dann tatsächlich so etwas wie die Leichtigkeit des Seins, um auf „One Fine Morning“ nochmals nachdenkliche Töne anzustimmen. Und mit jedem Hören wird klarer, dass Callahans herber Stimme unterschwellig doch eine sympathische Zerbrechlichkeit innewohnt.
Es würde nicht verwundern, wenn sich – ähnlich wie beim Vorgänger – erneut unterschiedlichste Geschmäcker auf dieses von Beginn bis zum Ende wunderbare Album einigen könnten. Verliefe die Apokalypse entsprechend angenehm ruhig und kontrolliert, wir bräuchten uns nicht zu sorgen. Die Ereignisse der letzten Wochen belegen aber, dass dies nicht der Fall sein wird.

Label: Drag City | Kaufen

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