Neue Platten: Trembling Bells feat. Bonnie Prince Billy – "The Marble Downs"

Honest Jon's(Honest Jon’s)

7,0

Liebeskummer, Wut, Trauer, Tod … Will Oldham alias Bonnie Prince Billy nimmt mit den Trembling Bells eine aufwühlende Platte auf, die nicht halb so traurig klingt, wie es die Texte erahnen lassen.

„The Marble Downs“ ist ein Album der Gegensätze. Textlich bewegt sich Trembling-Bells-Songwriter und -Drummer Alex Neilson konstant in schrecklich finsteren Sphären, sodass man sich ernstlich um ihn sorgen möchte. Musikalisch hingegen geht’s hoch her: laut, verspielt, orchestral! Lavinia Blackwall, Sängerin des britischen Quartetts, orientiert sich stimmlich am „English Folk Revival“ der 60er-Jahre. Ihre hohen, elfenhaften Töne erinnern arg an Vashti Bunyan oder Sandy Denny (Fairport Convention) und stehen durchaus in Kontrast zu Oldhams eher schlichtem, einfühlsamem Organ.

Schon der Opener „I Made A Date (With An Open Vein)“ ebnet denn auch gleich den Weg und zeigt deutlich, wo es für die nächsten rund fünfzig Minuten hingehen soll. Sphärische Sounds, ausgefeilte Drums und Percussions, Bläser, eine düstere Orgel und Chor-ähnlich angelegte Backing-Vocals umgarnen Bonnie Prince Billys Stimme mit großer Geste. Das bitterböse „I Can Tell You’re Leaving“ ist dann ein wenig schlichter, Country-hafter angelegt. Oldham und Blackwall liefern sich ein intelligentes und durchaus unterhaltsames Gesangsgefecht, Oldhams „I used to be your universe“ kontert Blackwall beispielsweise mit einem schroffen „You’re not even my Birmingham“. „Excursions Into Assonance“ ist dann nicht mehr ganz so grell und orchestral, Will Oldham singt sanft, begleitet von einem recht puristischen Klavier und hintergründigen Gitarren-Riffs, ehe ihm Lavinia Blackwall mit ihrer anmutigen Stimme zur Seite springt. Ganz ähnlich verhält es sich beim wundervoll ironischen und selbstmitleidigen „Love Is A Velvet Noose“, textlich bewegt sich Oldham nahe am Suizid („My liver felt like a suicide note to Johnnie Walker Red“), kontrastiert wird er dabei aber von der treibenden Dynamik des Refrains, dem fast eine gewisse Leichtigkeit innewohnt. Das schlichte und klassisch folkige „My Husband’s Got No Courage In Him“ ist dann eine richtiggehende Ausnahme auf „The Marble Downs“. Getragen von Blackwells bezaubernder Stimme, die nur hin und wieder von Oldham unterstützt wird, kommt der düstere, anklagende („I wish my husband, he was dead and in his grave I quickly lay him and then I find another one that had a little courage“) Song völlig ohne Instrumente aus.

Den Schotten ist, in Zusammenarbeit mit dem nahezu Kollaborations-wütigen Oldham (Tortoise, Joanna Newsom, Johnny Cash, Nicolai Dunger, Scout Niblett, um nur einige zu nennen), ein spannendes, ein sperriges, ein psychedelisches Album gelungen, dass nicht wirklich „nebenbei“ gehört werden kann. Hier werden verschiedenste Instrumente und musikalische Richtungen genauso wild wie intelligent zusammengewürfelt, so finden sich neben den offensichtlichen Folk- und psychedelischen Anleihen durchaus auch Jazz- und Country-Elemente. Zu beneiden ist in diesen Tagen jeder, der sich auf dem britischen Eiland heimisch fühlt, denn dort stellen die Trembling Bells zusammen mit Will Oldham ihr spannendes Machwerk live vor. Bleibt zu hoffen, dass dies auch bald der Hörerschaft auf dem europäischen Festland vergönnt ist.

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