Neue Platten: Ringo Deathstarr – "Mauve"

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8,5

Ganz im Gegensatz zu dem Shoegaze-Klischee verzerrter und verschwommener Lichtbilder, kommt uns auf dem Cover des neuen Albums der texanischen Band Ringo Deathstarr ein pixelig-pastelliger Roséton namens Mauve entgegen. Es scheint, als habe es die Band mit Farben, die zur Charakterisierung ihres Sounds herhalten können. Ihr Album „Colour Trip“ war demnach ein regenbogenfarbiger Psych-Trip, süß, eingängig und kompakt auf den Punkt gebracht. Auf „Mauve“ ist vieles wie der Farbton Mauve, gedehnter, verwaschener und mit Grautönen gespickt. Doch wie kommt eigentlich Shoegaze nach Texas?

Oh ja, keine Rezension einer Veröffentlichung von Ringo Deathstarr kommt wohl ohne Verweis auf die „scene that celebrates itself“ aus, denn die Texaner sind so gute Shoegaze-Nostalgiker, dass man bei manchen Songs meint, es mit den Originalen der späten 80er- und frühen 90er-Jahre zu tun zu haben. Die Nu-Gaze-Band verzichtet ganz bewusst auf Experimente im Genre, wohingegen manch andere Nu-Gaze-Bands es zum Beispiel mit Elektro- und Synthesizer-Effekten versuchen, wie zuletzt The Horrors, The Big Pink oder S.C.U.M. Und zu Recht fragt man sich, was das Genre dieser Tage eigentlich noch Neues bieten kann. Das Wall-Of-Sound-Prinzip wird in Fortführung des Shoegazing am besten von den Brooklyner Noise-Rockern A Place To Bury Strangers eingehalten. Bei Ringo Deathstarr wird dazu aber noch mehr geboten. Auch Dream-Pop, die zweite durch Shoegaze in Bewegung gesetzte Richtung, wird von Ringo Deathstarr zum Teil bedient, einige Tracks wie „Brightest Star“ oder „Drag“ sind sphärische Kompositionen, die man qualitativ mit denen von DIIV und Wild Nothing auf eine Stufe stellen kann. Typisch für Ringo Deathstarr sind die mit Hall versehenen Girls-Boys-Vocals, der verwaschene, etwas verstimmte Sound, wie in „Fifteen“ und „Do You Wanna?“, allgemein die Eingängigkeit der Refrains, natürlich die verzerrten, fuzzy Gitarren und die meist treibenden Beats. Schon der Eingangssong „Rip“ besticht durch die typischen verträumten, nebeligen weiblichen Vocals, die auch schon Slowdive und die Cocteau Twins charakterisierten. An anderen Stellen beschwören Ringo Deathstarr in hervorragender Weise die Größen des Genres, The Jesus And Mary Chain und My Bloody Valentine, herauf, wie in „Burn“ und „Slack“.

„Mauve“ ist ein Album mit sehr gut komponierten Songstrukturen, die Vocals immer ein Stück weiter im Vordergrund als die verzerrten Fuzz-Gitarrenschichten und die treibenden verhallten Drums. Schön ist, dass viele Songs durch zusätzliche spielerische Elemente wie Glockenspiel, Triangel und andere beschwingte Soundeffekte verziert werden. Die zweite Hälfte des Albums wirkt düsterer im Stil, das Schlagzeug wird in „Girls We Know“ und „Nap Time“ schleppender und der Gesang melancholischer. „Waste“ ist ein richtiger Noise-Rock-Kracher, der schon zu Beginn Gitarren- und Drum-technisch richtig durchstartet und durch seine lauernden Gitarren- und Bassriffs besticht. Der letzte Song „Wave“ hallt nur so von dem verzerrten Schlagzeug, den gedehnten Vocals und der breiten Gitarrenwand, ist fließend und fulminant und endet schließlich mit Knarzgeräuschen aus dem Röhrenverstärker.

Obwohl „Mauve“ dem Genre Shoegaze nichts Neues oder Innovatives hinzuzufügen hat, ist es ein Leckerbissen für Fans, für alle anderen ein gut gemachtes Album in bewährter Tradition; und es beweist, dass Ringo Deathstarr neben Gliss, The Pains Of Being Pure At Heart und A Place To Bury Strangers eine der besten Shoegaze-Bands dieser Tage sind. Das bedeutet auch, dass guter Shoegaze dieser Tage hauptsächlich eine US-Angelegenheit ist.

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