Foto: Marc Frandel
Darker My Love und Strange Boys sind nur zwei Stationen in Tim Presleys Musikerdasein. Der kalifornische Psychrocker gastierte mit seinem aktuellen Projekt White Fence im Kölner King Georg.
Am Donnerstag um Punkt 21 Uhr kommt die Band aus dem Untergeschoss die Stufen hinauf, um die in rotem Licht getauchten Bühne zu rocken. Wobei Bühne zu viel gesagt wäre, denn der Charakter in dieser Location besticht mit einer Besonderheit: Auftretende Künstler werden inmitten des Publikums auf der Tanzfläche platziert, um auf Augenhöhe mit den Konzertbesuchern zu sein. Viel Bewegungsspielraum bietet sich für Mr. Presley und seiner Formation dabei nicht wirklich. Da konzentriert sich der Mann lieber auf sich selbst und bleibt ein wenig reserviert an seinem Mikroständer stehen. Das tut der Show aber keinen Abbruch, denn der cleane Sound kommt in diesem holzvertäfelten Laden richtig gut. Ich muss gestehen, das Klangbild gefällt mir live besser als auf der Platte. Und das, obwohl ich vor dem Gig skeptisch war, ob dieser rotzige Garagerock auch live funktionieren kann. White Fence’ progressives Spiel wirkt erstaunlich trocken, was dazu führt, dass die aufgebrochene Musikkassettenästhetik etwas verloren geht. Während der Liedpausen hört man beim Stimmen der Gitarren, welch fetter Hall auf ihnen liegt. Mr Presley verzichtet auch auf jegliche Kommunikation mit den rund 40 Gästen – einzig die Klassikerfrage “Do you feel good?“ kommt über seine Lippen.
Mit Sonnenbrille und versteinertem Gesicht verleiht der Basser den zweistimmigen Bratgitarren ordentlichen Druck. Das motorische Schlagzeug erinnert mich an manchen Stellen an Klaus Dingers krautigen Part von NEU!. Überhaupt besticht das ganze Set durch kluges Arrangement und angenehm ausufernden Gitarrensolis. Nicht zu noisig aber doch auf seine Art so lange hypnotisierend, bis die Songs ihr meistens abruptes Ende finden. Parallelen von Tim Presleys Gesang zu Mark E. Smith von The Fall sind nicht zu überhören. Kein Wunder; ist der Frontman von White Fence auch Tourgitarrist bei besagter Band. Für meinen Geschmack könnten die Vocals noch mehr Ecken und Kanten aufweisen und sich die Songs einmal mehr in ihrer Dynamik steigern, wie es zum Beispiel bei „Do You Know Ida Know?“ der Fall ist. Zwar werden die Gitarren, Bass und Schlagzeug abgenommen und der Gesang über die Anlage verstärkt, aber es ist schon ein fettes Gefühl das Verstärkerbrett direkt ins Gesicht geblasen zu bekommen. Näher dran geht nicht.
Wie in den letzten Monaten schon hat auch jetzt wieder der King Georg-Booker Jan Lankisch einen hervorragenden Musikgeschmack bewiesen. Erst Anfang Dezember hat er mit seinem großartig kuratierten Weekend-Festival Ty Segall nach Köln geholt. Auch wenn nach nur 57 Minuten Schluss ist, möchte ich das heutige Konzert nicht missen wollen.