Neue Platten: Petula – "Don’t Forget Me, Petula! Don’t Forget Everything, Petula!"

Cover "Don’t Forget Me, Petula! Don’t Forget Everything, Petula!"

Petula – „Don’t Forget Me, Petula! Don’t Forget Everything, Petula!“ (DIA)

8,2

Die britische Schauspielerin und Sängerin Petula Clark feierte just im vergangenen November ihren 80. Geburtstag. Sie war eine der prägenden Figuren der 50er- und 60er-Jahre – und die Inspiration für den Namen des Berliner Künstlers Sebastian Cleemann alias Petula. Dies gab er jüngst in einem Radiointerview preis. Sich nun auf die Suche nach dem musikalischen Einfluss der Britin in Petulas Werk zu machen, klingt mühsam und wenig gewinnbringend. Doch dieses Solo-Synonym, das sich Petula tendenziell eher unbedacht vor vielen Jahren gab, als er eher mit anderen musikalischen Projekten beschäftigt war, steht nun im Mittelpunkt und hat es sogar zweimal in den Albumtitel seiner jüngsten Veröffentlichung geschafft: „Don’t Forget Me, Petula! Don’t Forget Everything, Petula!“ heißt das zweite Album des Berliners, das auf dem Leipziger Label DIA erscheint.

Man kennt ihn eventuell von den Gruppen Kate Mosh und SDNMT – oder aus den kleineren Bars und Kneipen, Gallerien und Kunsträumen, vor allem in Berlin, Leipzig und Umgebung. Er ist der mit den Loops. Mit der Gitarre, den Reglern und den Pedalen, der sich aus seinen eigenen Tönen eine ganze Band zusammenstellen kann. Nun gut, damit ist er mit dieser Produktionsform momentan nicht der Einzige. Allerdings ist keiner so reizend verhuscht, während laut und energetisch mit still und subtil kombiniert wird.

Die subtile Kammerpop-Sensibilität und die elektronisch-rockige Intensität haben es auch auf die Platte geschafft. Während viele der bisher veröffentlichen Stücke und das erste Album Cleemanns als Petula häufig Remixe oder Cover anderer Bands darstellten oder zumindest noch mit dem Lernen einer eigenen Sprache beschäftigt waren, hat Petula auf diesem zweiten Langspieler etwas gebildet, das zusammenpasst. Mal bringt das ausgefallene Songwriting seine Stimme in fast ungemütliche Höhen, die wir trotz allen elektronischen Verzerrungen erkennen, mal sirrt ein Song nur instrumental daher, doch alle der elf Stücke erzählen eine Geschichte, haben eine Dramaturgie und transportieren Stimmungen.

Aufgenommen wurde „Don’t Forget Me, Petula! Don’t Forget Everything, Petula!“ abgeschieden im Erzgebirge mit der Hilfe von Oliver Stangl (ClickClickDecker, ByteFM), bevor der Piano-Elektrone und Komponist Nils Frahm das Mastern übernahm. An die Zurückgezogenheit im Erzgebirge, die Petula übrigens den (musikalisch recht weit hergeholten) Vergleich mit Bon Iver einbrachte, wird man klanglich erinnert, wenn Töne und Geräusche klingen, wie spontan auf dem Hüttenboden gefunden, so zum Beispiel in den aufeinanderfolgenden Stücken „Juri“ und „Ik Kann Niet Meer Het Is Teveel“.

Nach dem Einstieg mit dem großartigen „Marry Me 1“, über Hommagen an Weltraumhunde und perfekte Hunde, vorbei am auffordernden „Sing!“ und der gerade genannten Kombination, erscheint das Album schließlich überzeugend als Ganzes. Und das ohne sich auf einen Stil festzugelegen. Schließlich, nachdem es mit der Order im Titel, bloß nichts zu vergessen, begann, endet es mit dem Song „All We Ever Want Is Time Out Alone, All We Ever Want Is To Forget This“. Damit ist hoffentlich nicht die gerade gehörte Platte gemeint, sondern ein vertrauter Wunsch, für den wir vielleicht gerade die passende Musik gefunden haben. Jedoch ist dieser sich auf über sechseinhalb Minuten so abwechselnde Song, wie dieses auf 45 Minuten so mitnehmende Album auch die passende Musik für so ziemlich alles.

Label: DIA | Kaufen

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