Blue Hawaii – "Untogether"

Blue Hawaii - UntogetherVÖ: 1. März 2013
Web: arbutusrecords.com
Label: Arbutus

Montreal scheint momentan DER kreative Standort für elektronischen Dreampop zu sein. Im Zentrum steht dort das Label Arbutus, das vor allem mit den letzten Veröffentlichungen von Grimes, Doldrums und Sean Nicholas Savage überzeugte. An diese Erfolge möchte auch das artverwandte Duo Blue Hawaii mit seinem Debütalbum „Untogether“ anknüpfen.

Blue Hawaii ist die Arbeit von Raphaelle Standell-Preston (auch Mitglied der Dreampop-Band Braids) und Alexander Cowan. Das Paar arbeitet bereits seit Anfang 2010 zusammen und, inspiriert von Reisen nach Zentralamerika, veröffentlichte Ende desselben Jahres die tropisch warm klingende „Blooming Summer EP“. Bedingt durch Aspekte wie den plötzlichen Erfolg des Braids-Albums „Native Speaker“ und Cowans Arbeitspensum in Europa konnte das Duo fortan nicht mehr zusammen an seiner Musik feilen. Dieser Tatsache geschuldet arbeiteten beide unabhängig voneinander parallel an Songs und vertonten diese Aufnahmen in verschiedenen Studios Kanadas. Das Resultat dieser Methode ist dementsprechend schlicht mit „Untogether“ betitelt und thematisiert in den elf Songs Distanzierung, Entfremdung und Isolation innerhalb einer Beziehung. Sängerin Standell-Preston kommentiert ähnlich: „I think making the record was an attempt to find the glue as everything was drifting apart“. Trotz der traurigen Thematik dürfte „Untogether“ jeden überzeugen, der elektronische Spielereien kombiniert mit Dreampop-Elementen verehrt und die oben genannten Bands schätzt.

Der Opener „Follow“ ist eine Wucht. Mit einem befremdlichen und kaum verständlichen, elfenhaften Organ werden wir langsam in den Song hineingesogen, der sich nach etwa zwei Minuten in seiner puren Schönheit entfaltet. Dezent, warme Electronika begleitet die Sätze „When I did my sorrow / went up to get lost / we’re all be tomorrow / it’s so right i’m not / it is our own option / to re-made our same“, die nun klarer gesungen werden. Trotz – oder gerade wegen – dieser Disharmonie zwischen verzweifelten Textzeilen und sich umarmenden Melodien ist der Song ein Highlight in der bisherigen Diskografie Blue Hawaiis. Das anschließende „Try To Be“ überrascht mit akustischer Gitarre, eingängiger Melodie und sich überlappender Stimme – leichtfüßig, liebevoll, leisetretend. Könnte so in etwa auch von der britischen Band Tunng stammen. Es folgt das großartige zweigeteilte „In Two“ – die Atmosphäre ist hier so diffus und trostlos einsam, dass selbst die plötzliche Intrusion von Klatschen nicht an einen Moment von Gemeinschaft oder Zusammengehörigkeit erinnert. Stattdessen unterstreicht es das Gefühl von Isolation und Vereinzelung: Passend dazu klingen die Claps distanziert und wie von Geisterhänden produziert.

„Love me / please don’t give up“, haucht Standell-Priston im nächsten Höhepunkt „Yours To Keep“. Die Musik von Blue Hawaii klingt hier wie ein verdunkeltes Dachbodenschlafzimmer, das Trost spendet vor täglich aufkommenden Unsicherheiten. „On the other day / I had a beautiful thought“, hören wir auf dem letzten Track „The Other Day“ und dann „Don’t give up now / there’s so much now and so much time / what if I didn’t care at all?” – das klingt nach einer Freisprechung von Schuld, befreiend und reinigend. Es ist auch ein Freilassen von innerem Druck, den Stressmomenten in der Kommunikation mit einem anderen Menschen und den Beklemmungen und Angstgefühlen in Beziehungen, die zuvor in den zehn Stücken thematisiert wurden. „The Other Day“ ist damit ein abschließender Moment meditativer Ruhe und Reflexion.

„Untogether“ ist ein introspektives und intimes Album geworden, mit einem harmonischen Zusammenspiel zwischen großartiger Harmonie und warm klingenden Synthesizer-Tönen, in dessen Mittelpunkt die zerbrechliche Stimme von Raphaelle Standell-Preston brilliert. Deutlich emanzipiert vom Vorgänger, lohnt es sich, sich mit den durchweg guten Texten auseinanderzusetzen, die tief in die Seele und Psyche einer jungen Frau blicken lassen.

Das ByteFM Album der Woche.

In den ByteFM-Magazin-Sendungen spielen wir täglich Musik aus unserem Album der Woche. Die ausführliche Hörprobe folgt am Freitag ab 13 Uhr in Neuland.

Unter allen Freunden von ByteFM verlosen wir einige Exemplare des Albums. Wer gewinnen möchte, schreibt eine E-Mail mit dem Betreff „Blue Hawaii“ und seiner/ihrer vollständigen Postanschrift an radio@byte.fm.

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