Amiina – „The Lighthouse Project“ (Sound Of A Handshake)
7,5
Wenn in Marketing-Deutsch von Leuchtturmprojekten schwadroniert wird, handelt es sich dabei meist um Angeberei. Doch auf der aktuellen, so betitelten EP der isländischen Band Amiina geht es genau um das Gegenteil. Statt um „Signalwirkung“ oder „Sichtbarkeit“ drehen sich die Songs auf „The Lighthouse Project“ um Themen wie Stille und Intimität. Der Leuchtturm ist dabei romantisches Symbol, eine moderne Einsiedelei, ein abgelegener Rückzugsort und gleichzeitig die Kulisse für eine Reihe von Konzerten, die Amiina im Sommer 2009 an ganz spezielle Orte ihrer Inselheimat führte.
Dalatangi ist so eine abgelegene, karge Gegend. Auf der nur umständlich zu erreichenden Landzunge zwischen dem Seyðisfjörður und dem Mjóifjörður im Osten der Insel steht der dortige Leuchtturm Dalatangaviti, der das Cover der EP ziert. Eigentlich ist er winzig, liegt jedoch so malerisch zwischen verrosteten Öltanks und Tankergerippen, dass man sich gut vorstellen kann, welch spezielle Atmosphäre bei einem dieser Amiina-Konzerte dort geherrscht haben muss. Das aufwändig gestaltete, 22-seitige Booklet der CD-Ausgabe versucht, in wunderbaren Fotos einen kleinen Eindruck davon zu geben. Die kammermusikalische Instrumentierung – neben E-Piano, Akkordeon und allerlei Glocken auch eine Glasharfe, folkloristische Zithern und Cello – unterstreicht das Gefühl von Nähe und Privatheit.
Die ursprünglich als Streichquartett gegründete Band wurde erstmals Ende der 90er international bekannt, als sie gemeinsam mit Sigur Rós ins Studio und später auch auf Tour gingen. Das erste eigene Album „Kurr“ kam dann 2007 heraus, nachdem die Band sich bereits mit einer Single und EP einen eigenen Namen gemacht hatte. Verstärkt durch Schlagzeug und Elektronik erweiterten Amiina auf ihrem 2010er Album „Puzzle“ ihren Sound dann deutlich.
Das mit fünf Stücken (der sechste Track ist eher eine Feldaufnahme) sehr kurz geratene „The Lighthouse Project“ ist dagegen noch mal ein Blick in die Vergangenheit der Band. Bei den Aufnahmen im vergangenen Jahr versuchte die Band, die Atmosphäre der ursprünglichen Konzerte so genau wie möglich einzufangen. Der Sound ist entsprechend weich und kuschelig – eine Art Nachtmusik, welche die Nähe der Räume widerspiegelt, für die die Stücke ursprünglich konzipiert waren. Es gibt kaum Gesang und wenn (etwa bei „Hilli“), dann ohne Text. Selbst Amiinas Interpretation des Lee-Hazlewood-Songs „Leather And Lace“, der hier als einzige Coverversion vertreten ist, bleibt instrumental. Auf voller Albumlänge währe diese Auswahl von melancholischen Schlafliedern vielleicht etwas zu eintönig, als EP und in Verbindung mit den tollen Fotografien im Booklet ergibt sich jedoch ein überzeugendes Gesamtbild und lässt einen wohlig von Nächten im Leuchtturm träumen.
Label: Sound Of A Handshake | Kaufen