Klez.e – „Desintegration“ (Album der Woche)

Cover des Albums Desintegration von Klez.eKlez.e – „Desintegration“ (Staatsakt)

Die Haare toupiert, New Wave an- und schwarze Klamotten ausgepackt. Das neue Album „Desintegration“ genannt. Klez.e machen keinen Hehl aus ihrer The Cure-Verehrung. Doch keine Sorge: Was hier passiert, ist Hommage, nicht Kopie. Von Tobias Siebert hat man zuletzt vor allem als And The Golden Choir gehört. Acht Jahre ist es her, dass das letzte Klez.e-Werk „Vom Feuer der Gaben“ erschien.

Nun hat die Band im Proberaum wieder zu sich gefunden und dabei eine Melancholie entdeckt, die in die Vergangenheit zurückreicht. Nicht nur bis in die frühen 2000er, als in Berlin ein Geflecht neuer Bands auftaucht. Bands, die Indierock in seine Einzelteile zu zerlegen und in interessanten Mustern neu zusammenzufügen wissen. Sinnbus – mehr Kollektiv als Label – ist eine Koordinate, die damals auf den Plan trat. Die Melancholie, die sich auf „Desintegration“ herumtreibt, reicht aber noch viel weiter zurück.

1989, das Jahr von The Cures „Disintegration“, ist das Jahr, das Klez.e mit dem Album heimsuchen. Man hört es in den Grundzügen der acht Songs: Ins Weite federnde Gitarren bilden mit melodischen, zurückhaltenden Basslines Harmonien in Moll, die das Mark kitzeln. Aus Synthesizern bauen Klez.e gleichsam sakrale wie wavige Intros, die den Texten von Tobias Siebert ganz elegant Platz machen. Und die Texte erinnern an diese Mischung aus Leidenschaft, Sehnsucht und Schmerz, die man nur als Teenager so vollkommen spüren kann.

Klez.e laufen die Orte ihrer Jugend ab – die echten und die herbeigesehnten. Kalte Mauern im Regen, ein Heimweg unter grauem Himmel in Ost-Berlin, das Ringen mit enttäuschter Liebe und nicht-löschbarem Ärger – das sind die Bilder, die die Band auf „Desintegration“ malt. Aber auch Drohnen und Lobbyisten kommen hier vor. Das Album zögert nicht vor Gesellschaftskritik und findet trotzdem den Weg in eine große Fiktion, ist ein bisschen Film Noir, ein bisschen Coming of Age-Roman. Dazu gelingt dem Trio ein neuer Spin für den alten Klez.e-Sound und ein Nicken in Richtung Dark Wave-Szene, die sich in Deutschland seit 1989 beharrlich gehalten hat.

Veröffentlichung: 13. Januar 2017
Label: Staatsakt

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Diskussionen

1 Kommentar
  1. posted by
    Dave
    Jan 9, 2017 Reply

    Ohne Nennung von „The Cure“ ist eine Rezension dieses Albums nicht möglich.

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