Father John Misty – „Pure Comedy“ (Rezension)

Cover des Albums Father John Misty – „Pure Comedy“ (Sub Pop)

Veröffentlichung: 07. April 2017
Web: fatherjohnmisty.com
Label: Sub Pop

5,5

„The Comedy Of Man Starts Like This“ – so beginnt „Pure Comedy“, das neue Album von Josh Tillman alias Father John Misty. In den folgenden 75 Minuten beleuchtet Tillman seine Sicht auf die jüngere Geschichte der Welt und auf die der USA im Besonderen. Das ehemalige Mitglied der Band Fleet Foxes ist ein großartiger Denker und mit einer scharfen Beaobachtungsgabe ausgestattet. Dies macht sich über den gesamten Verlauf des Albums bemerkbar. Tillman schafft es, mit kleinsten Wendungen, auch in scheinbar sehr persönlichen Songs, scharfe Kommentare zu aktuellen Geschehnissen abzugeben. Die Verwendung von Ironie, Zynismus und Sarkasmus als Abwehrmechanismen sind ihm durch die Geburt in eine sehr religiöse Familie beinahe in die Wiege gelegt worden. Sich die Texte der Songs auf „Pure Comedy“ zu Gemüte zu führen sei wärmstens empfohlen. So wird einem gewahr, mit welcher Perfektion Father John Misty die Selbstreflektion beherrscht. Durch die Art, wie er der Hörerschaft klarmacht, dass er weiß, was seine Worte bedeuten und was ihr Klang im Unterschied dazu bedeuten kann, dass er weiß, was es bedeutet, dass er es weiß, oszilliert er die Reflektionen miteinander bis zur Übersteuerung. Josh Tillman ist ohne Zweifel einer der besten und interessantesten Lyriker der vergangenen Jahre. „Pure Comedy“ wird von einem Essay begleitet, das unbedingt lesenswert ist. Es erklärt nicht nur auf kluge, unterhaltsame Weise die Themen, Stimmungen und Begleitumstände der Songs, sondern gibt auch Einblick in Tillmans Philosophie – die Lektüre steigert in jedem Fall den Genuss des Albums.

Sprechen wir nun über die musikalische Seite von „Pure Comedy“: Das Album wurde komplett live eingespielt und klingt gut. Es gibt tolle Chöre. Der Auftakt gelingt mit dem Titeltrack und dem unter Pop-Gesichtspunkten stärksten Stück „Total Entertainment Forever“. Der Rest ist klassisch US-amerikanisches Songwriting und Folk Rock mit Klavier. Wenn man klavierlastigen Folk Rock ohne sonderlich einprägsame Refrains oder interessante Instrumentierung mag, ist „Pure Comedy“ sicher ein nettes Album.

Josh Tillman ist momentan zu Recht sehr angesagt in der Pop-Welt und schrieb jüngst Songs für Beyoncé und mit Lady Gaga. Das belegt seine musikalische Vielseitigkeit bei lyrischer Klasse. Vor allem deshalb ist „Pure Comedy“ in (pop-)musikalischer Hinsicht eine absolute Enttäuschung. Und: 13 Minuten sind für ein Folkstück mit Gitarre, ein paar Streichern und nur einem Schema in der Mitte eines Albums ein fast unüberwindbarer Berg. Der Abstieg bietet leider auch keine sonderlich abwechslungsreiche Aussicht.

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