Sufjan Stevens, Bryce Dessner, Nico Muhly & James McAlister – „Planetarium“ (Rezension)

Cover des Albums Sufjan Stevens, Bryce Dessner, Nico Muhly & James McAlister – „Planetarium“ (4AD)

Veröffentlichung: 9. Juni 2017
Label: 4AD

8,0

Eine auditive Entdeckungsreise durch Raum und Zeit: Das Konzeptalbum „Planetarium“ ist eine klangvolle Expedition in unser Sonnensystem in zeitgemäßer Kompositionsvielfalt, die Neoklassik, Progressive Rock, Elektronica und Indie-Folk zusammenführt.

Die Geschichte des Albums „Planetarium“ beginnt mit dem gleichnamigen Song – einem Kompositionsauftrag an Nico Muhly, einem US-amerikanischen Komponisten zeitgenössischer Klassik, der schon mit Björk, Grizzly Bear oder Antony & The Johnsons kooperiert hat. Dabei dachte er an eine Kollaboration mit seinen Freunden: Sufjan Stevens und James McAlister, der in Stevens‘ Band Schlagzeug spielt, sowie Bryce Dessner von The National. Nachdem man das Stück 2013 zusammen fertiggestellt und aufgeführt hatte, legte man das Projekt erst einmal auf Eis. Dessner veröffentlichte mit seiner Band The National zuletzt das zurückhaltend-melancholische „Trouble Will Find Me“ und hat für September ein neues Band-Album angekündigt. Stevens brachte mit „Carrie & Lowell“ ein seinen Eltern gewidmetes Singer/Songwriter-Album hervor und nahm McAlister anschließend mit auf Tour. Muhly komponierte ein Violinen-Konzert für die Metropolitan Oper in New York.

2016 kehrten Stevens und McAlister schließlich mit neuen Songskizzen zurück ins Studio. „We had recorded all the arrangements and the live parts in a studio after our last performance,“ konstatiert Stevens, „so years later when we all kind of settled down, we said, ‚let’s open Pandora’s box.“ Im Studio wurden aus den Versatzstücken schließlich 17 Songs, die zwischen Prog-Rock, Elektronica und Indie durch das Universum schweben. Zentrales Merkmal der Platte ist Sufjan Stevens unverwechselbare Stimme, die mal mit Autotune verändert, mal ohne Effekte daherkommt – sie ist Dekonstruktion und Ruhepol zugleich. Man hört anschwellende Synthiedrones, die im nächsten Moment in sequencegesteuerte Indietronica mit mechanisch-gebrochenen Breakbeats wechseln. Die düsteren, sich langsam steigernden Streicherarrangementsruft rufen Assoziationen an György Ligetis Orchesterwerk „Atmosphères“ hervor, das in Stanley Kubricks Film „2001: Odyssee im Weltraum“ zu hören ist.

„Planetarium“ von Stevens, Dessner, Muhly und McAlister verweist mit seinem Titel ebenfalls auf das Sonnensystem. Vor allem handelt es sich bei „Planetarium“ aber um eine experimentelle Großtat zwischen den Stilen: akustische Instrumentierung wird zu überraschender Elektronica. Flüstern zu sich steigernden Chören. Klavierpop zu Artfolk. Das Herzstück „Earth“ in seinen fast 15 Minuten, beinhaltet all diese Stile und endet mit einer ausklingenden Note. Die besondere Kunst dieses ambitionierten Zyklus ist die tatsächliche Kollaboration, das hörbar gemeinsam konzipierte Werk, das wie ein futuristisches Musical wirkt.

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