Rue Royale – „In Parallel“ (Rezension)

Cover von Rue Royale – „In Parallel“ (Sinnbus)

Rue Royale – „In Parallel“ (Sinnbus)

8,1

Eigentlich wollte das Ehepaar Ruth und Brookln Dekker gar keine Musik zusammen machen. „Wir dachten, das wäre zu kitschig. Wir wollten nicht wie Sonny und Cher sein“, sagte Ruth 2013 in einem Interview. Sechs Jahre nachdem sie sich 2000 kennengelernt hatten, entschieden sie sich dann aber doch dazu, eine Band zu gründen. Dass das eine kluge Entscheidung war, stellen sie jetzt erneut unter Beweis – mit ihrem vierten Studioalbum „In Parallel“.

Nach jahrelangem Touren um die Welt wollten die Dekkers sich eigentlich eine Pause nehmen, um wieder Platz zwischen Musik, Privatleben und sich selbst zu schaffen. Und bekamen eine Tochter. Länger als gedacht brauchten die beiden, um sich wie gewohnt zurechtzufinden und Parallelen zwischen ihren nun neuen Lebensinhalten, unterschiedlichen Wahrnehmungen und Erfahrungen zu finden. „In Parallel“ ist das Ergebnis dieses Prozesses.

Abstrakte Formen, umgeben von einem dunkelblauen Hintergrund – schon das Albumcover lässt erste Schlüsse auf den Inhalt der Platte zu. Die Koexistenz zweier Gegensätze, die trotz ihrer augenscheinlichen Unterschiede parallel zueinander stattfinden und harmonieren.

Balance zwischen Harmonie und Tumult

Doch erst einmal das Handwerkliche: Bisher waren Rue Royale es gewohnt, ihre Musik in kompletter Eigenarbeit zu produzieren. Nun holten sich Ruth und Brookln Dekker Sean Carey mit ins Boot. Der Fingerabdruck des US-Produzenten und Chef-Perkussionisten bei Bon Iver lässt sich in einer neuen, ebenso mutigen wie melodischen Rhythmus-Natur erkennen, die Rue Royales musikalisches Schaffen über sich hinaus wachsen lässt.

Ein eindringliches Klanggefüge greift die melodramatische Atmosphäre auf, die von jedem einzelnen Track sowohl akustisch als auch inhaltlich weitergetragen wird. Manchmal ist auf den zwölf Songs nur Ruths Stimme zu hören, ein anderes Mal nur die von Brookln, doch besonders wenn beide gemeinsam agieren, kriegen die Songs eine ganz spezielle Kraft.

Rue Royale werfen Fragen auf, die nicht immer eine Antwort finden. Eine omnipräsente Melancholie und Ratlosigkeit scheint die Grundstimmung des Albums zu sein, was besonders in Songs wie „I Don’t Know What It Is“ und „Signs Are All Gone“ deutlich wird. Doch getragen von kraftvollen Bass- und Drumlines setzt sich vor allem in Songs wie „Thrown By The Wind“ Hoffnung und Zusammenhalt über alles andere hinweg.

Ihr Leben auf Tour mit Kind führte dem britisch-US-amerikanischen Paar ihre Differenzen vor Augen. Dazu kamen die politischen Unruhen in ihren Heimatländern: Der Brexit, im Falle von Ruth, und die neue Trump-Administration bei Brookln. „In Parallel“ ist ein Album, das von individuellem Wachstum und der Balance zwischen Harmonie und Tumult zeugt. Vom Zusammenfinden zweier Parallelen, trotz logischer Unmöglichkeit, um genau an dieser Stelle etwas Neues entstehen zu lassen.

Veröffentlichung: 28. September 2018
Label: Sinnbus

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