Yohuna – „Mirroring“ (Rezension)

Cover des Albums „Mirroring“ der US-amerikanischen Künstlerin Johanne Swanson alias Yohuna

Yohuna – „Mirroring“ (Orchid Tapes)

7,6

Als den Höhepunkt einiger turbulenter Jahre, in denen sie sich in einem ständigen Wandlungsprozess befand, beschrieb die US-amerikanische Singer-Songwriterin und Produzentin Johanne Swanson alias Yohuna (sprich: Yo-han-na) ihr Debütalbum „Patientness“ aus dem Jahr 2016. Und weiter: Ein Dokument, das vom Kommen und Gehen erzählt. Und in der Tat scheinen die ambientartigen Synthie-Flächen, die sich durch ihr Erstlingswerk ziehen, von Orientierungslosigkeit und der Unfähigkeit anzukommen zu berichten.

Nun folgt die Fortsetzung, das zweite Album der Musikerin aus Brooklyn, New York. „Mirroring“, so der zunächst etwas vage anmutende Titel, ist deutlich geerdeter ausgefallen. Neun Songs, die Yohuna alle auf der Gitarre geschrieben hat und die innerhalb kürzester Zeit in ihrem Schlafzimmer entstanden sind. Das mit dem Ankommen hat sie nun gemeistert. Und ebenso einige Zeit in Therapiesitzungen verbracht. Ein gewisses Maß an Stabilität hört man „Mirroring“ tatsächlich an: ruhige, aufgeräumtere Songs mit Shoegaze-Gitarren, sorgfältigen Streicher-Arrangements, Flöten, einer Harfe. Dazu eine gute Portion Hall und Yohunas verträumte, stets etwas entfernt klingende Gesangsstimme.

Therapie in Albumform

Doch geerdet und stabil, das heißt bei Yohuna trotzdem nicht zufrieden: Ein großer Teil der Songs dreht sich um das Scheitern einer Beziehung. Etwa, wenn sie auf „Dead To Me“, dem musikalisch straightesten Track der Platte, singt „You’re dead to me too / I do my best to keep a place in my heart for you / All that we’d been through / Can’t consent when you withheld the truth / Yeah you’re dead to me too”, rechnet sie ziemlich harsch ab. Oder wenn es in „Fades To Blue“, einem sentimentalen Abschiedssong mit prominentem Cello-Riff, heißt: „Thanks for showing me my truth / Not all pathways lead to you“.

Der Titeltrack erklärt auch den Titel des Albums: „I see you (Is that just me?) / Mirroring / I see you (There’s me) / Mirroring“. Erkennt man sein Gegenüber wirklich oder spiegelt man sich bloß selbst in seinem Partner, beziehungsweise seiner Partnerin? Hier geht es Projektion im psychologischen Sinne – und weiß man das erstmal, merkt man auch, dass sich dieses Thema konsequent durch die ansonsten sehr heterogene Platte von Yohuna zieht: Zeilen wie „Strange how I’m your mirror“ („Stranger“) oder „You suck the light from me / And that’s why I’m always mean“ („See Me“) fallen permanent und beweisen, wie intensiv sich die Musikerin selbst reflektiert hat.

Eine schöne, intime Platte ist „Mirroring“ geworden. Eine, auf der es der Künstlerin gelungen ist, sich auf eine direkte Weise mitzuteilen, sowohl textlich als auch durch die geordneten Arrangements, die es schaffen, den dokumentierten Lebensabschnitt für den/die ZuhörerIn leicht begreifbar zu machen. „Mirroring“ spiegelt zudem die Prozesshaftigkeit einer Therapie genau so wider wie die persönliche und musikalische Entwicklung, die Johanne Swanson in den vergangenen drei Jahren durchgemacht hat.

Veröffentlichung: 7. Juni 2019
Label: Orchid Tapes

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