Shabaka & The Ancestors – „We Are Sent Here By History“ (Album der Woche)

Bild des Albumcovers „We Are Sent Here By History“ von Shabaka & The Ancestors

Shabaka & The Ancestors – „We Are Sent Here By History“ (Impulse)

Shabaka Hutchings ist eine der zentralen Figuren des London Jazz: Sowohl seine Sons Of Kemet als auch das Kollektiv The Comet Is Coming gehören zu den bekanntesten Exponenten der Szene. „We Are Sent Here By History“ ist das zweite Album, das er mit The Ancestors, einer Gruppe südafrikanischer Musiker (unter anderem Mthunzi Mvubu am Saxofon und Nduduzo Makhathini am Fender Rhodes), veröffentlicht. Schon auf dem Debüt „Wisdom Of The Elders“ (2016) ging es – wie der Projektname schon nahelegt – um eine Auseinandersetzung mit Schwarzer Geschichte und Kultur, um Versklavung (und dem ihr zugrunde liegenden Kapitalismus), Rassismus und Männlichkeitsideale. Die Texte trägt der südafrikanischen Dichter und Musiker Siyabonga Mthembu vor, der sie auch geschrieben hat.

Verbrennt die Vergangenheit

Shabaka & The Ancestors verbinden Jazz mit der spirituellen Musik der südafrikanischen Nguni (verschiedene Bantu-Ethnien des südlichen Afrikas), zentralafrikanischen Einflüssen und Calypso. Der erste Track „They Who Must Die“ dient hier als Brücke zwischen „Wisdom Of The Elders“, das noch vor dem drohenden gesellschaftlichen Zusammenbruch warnte, und „We Are Sent Here By History“, das aus der Zeit des Zusammenbruchs heraus spricht.

Eine Meditation aus der Kampfzone. Der sozialen Kampfzone von Krieg und Ausbeutung sowie die der drohenden ökologischen Katastrophe, bei der, so scheint es, nur noch darüber gestritten wird, mit welchen Geschwindigkeit man gegen die Wand fahren möchte. Auf „We Are Sent Here By History“ geht es um Revolution. Nicht mehr und nicht weniger. Um den Neustart, das Verbrennen der Bücher, der Platten, der Namen. Das Verbrennen der Zeugnisse der Gesellschaft, die uns über Jahrhunderte in die aktuelle Situation geführt hat, deren Kommen absehbar war, aber ignoriert wurde. Der einzige Ausweg ist der radikale Neubeginn.

Musikalisch erinnert „We Are Sent Here By History“ bisweilen an radikale Jazzmusiker einer radikaleren Vergangenheit – John Coltrane, Albert Ayler, Pharoah Sanders. Dann aber auch an skelettierten politischen HipHop der frühen 1990er-Jahre, der selbst wiederum von den alten Jazzern inspiriert war. Auch der Sound gemahnt eher an die 1960er, also kein elektrisierter Future-Jazz wie bei The Comet Is Coming. Die Radikalität des Albums ist durchaus geschichtsbewusst. Es wurden also keinesfalls alle Bücher und Platten verbrannt. Ihre Mittel sind alt, das was mit diesen Mitteln gemacht wird ist neu und dringlich.

Veröffentlichung: 13. März 2020
Label: Impulse

Bild mit Text: Förderverein „Freunde von ByteFM“

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