Anika – „Change“ (Album der Woche)

Bild des Albumcovers von „Change“ von Anika, das unser ByteFM Album der Woche ist.

Anika – „Change“ (Invada Records)

Annika Henderson wartet. Darauf, dass endlich irgendetwas durchbricht. Das singt sie jedenfalls zum Ende ihres neuen Albums „Change“. „Be patient for something new / Don’t hold on to the past, it’ll take you down“, singt die britisch-deutsche Musikerin, die sich als Künstlerin schlicht Anika nennt, im gleichen Song. Geduldig Warten scheint sie eh gut zu können – schließlich ist „Change“ ihr erstes Soloalbum seit elf Jahren.

Was natürlich nicht heißt, dass Henderson im vergangenen Jahrzehnt nichts gemacht hätte. Seit ihrem 2010er Debütalbum „Anika“, produziert von Mitgliedern des britischen Avant-Trip-Hop-Trios Beak>, veröffentlichte die ehemalige Journalistin zwei LPs mit ihrer Band Exploded View. Nebenbei arbeitete sie mit Acts wie Tricky und Michael Rother zusammen, legte überall auf der Welt in Underground-Clubs auf und hostete eine Radio-Show namens „Do Not Go Gentle“.

Warten auf den Umsturz

Trotz dieses umtriebigen Lebenslaufs fühlt sich „Change“ wie ein Event an. Nicht unbedingt wegen Hendersons langer Solopause, sondern vor allem wegen der Musik. „Change“ ist ein in der Welt der Underground-Musik selten gehörter Hoffnungsschimmer. Musikalisch könnte es nicht weiter vom Debüt entfernt sein: Der dissonante, kalte Post-Punk ist einem warmen Art-Pop-Sound gewichen. Ein Großteil der Songs basiert immer noch auf krautiger Repetition, doch die Klangfarbe hat sich geändert. Die Bass-Schleifen sind sanft. Das Schlagzeug stolpert nicht, es tanzt. Die Synthesizer strahlen. Und Hendersons früher gerne von der Musikpresse mit Nico verglichene Stimme erklingt hier erhaben, fast schon extrovertiert. Selbst die aggressivsten Momente des Albums, wie das frenetische „Naysayer“, vermitteln keine Paranoia, sondern Ekstase.

Das alles führt zurück zum Warten. Das „Durchbrechen“, das Henderson erwartet, ist die dem Album seinen Titel gebende Veränderung. Sie singt Lieder über die Ermächtigung von unterdrückten Bevölkerungsgruppen („Rights“), den Kampf gegen toxische Maskulinität („Critical“) und die unausweichlich scheinenden Konsequenzen des Klimawandels („Never Coming Back“). Das tut sie nicht mit einer theoretisch angemessenen Ernüchterung oder Wut. Sondern mit Optimismus. Mit Hoffnung. Es ist nicht zu spät, sagt sie. Das wird viel zu selten gesagt.

Veröffentlichung: 23. Juli 2021
Label: Invada Records

Bild mit Text: „Ja ich will Radiokultur unterstützen“ / „Freunde von ByteFM“

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