International Music – „Ententraum“ (Staatsakt)
Vor drei Jahren waren sie plötzlich da. Drei Erpel aus dem Ruhrgebiet, die derart unanständig eingängige Indie-Rock-Songs spielten, dass man ihnen gar nicht ausweichen konnte. Ihre Namen waren Peter Rubel, Pedro Goncalves Crescenti und Joel Roters. Ihre Band hieß International Music, und ihr Debütalbum „Die besten Jahre“. 17 Songs, die in ihrer Gesamtheit so ziemlich alle namhaften „Best-of“-Jahresendlisten der deutschen Musiklandschaft dominierten.
Doch die besten Jahre hatten gerade erst begonnen. Seit 2018 veröffentlichen diese Musiker jährlich ein neues Werk. 2019 erschien „Nenn mich Musik“, das zauberhaft verschlafene Debütalbum von Rubels und Crescentis Post-Chanson-Duo The Düsseldorf Düsterboys. 2020 veröffentlichten die beiden die EP „Im Winter“, ein versöhnlicher Abschluss eines unversöhnlichen Jahres.
Während all dieser Zeit stellte sich eine essenzielle Frage: Was kommt nach „Die besten Jahre“? Die Songs dieses Albums (und von „Nenn mich Musik“) waren bereits einige Jahre alt. Ein großer Aspekt ihres Charmes war ihre ungeschliffene Seltsamkeit. Musik, die eigentlich nur fernab von Feuilletons und Festivalbühnen geschrieben werden kann. Können Rubel, Crescenti und Roters diese Magie auch unter dem neuen Öffentlichkeitsdruck vollbringen?
Gekommen um zu bleiben
Die Antwort ist keine Überraschung und doch eine Erleichterung: Ja. „Ententraum“, das nun erscheinende zweite Album von International Music, ist mindestens genauso gut wie sein Vorgänger. Für dieses Urteil muss man nicht viel mehr hören als den ersten Song: Das Trio meistert darin erneut den Balanceakt zwischen Albernheit und Melancholie, zwischen unzugänglicher Weirdness und unaufdringlicher Catchyness. Der Song heißt „Fürst von Metternich“ und er ist gleichzeitig so doof wie sein Titel und so wunderbar wie die schönste Popmusik. Rubels Gitarre spielt feinsten Jangle-Pop, Crescentis Bass und Roters Drums treiben stoisch. Ihre Stimmen verschmelzen zu der Baldrian-Harmonie, die man von ihnen gewohnt ist. Und dann intoniert Crescenti einen Monolog, in der Rolle von „Herrn Schmidt, dem Gedankenzähler“. Was potentiell großer Quatsch sein könnte, fügt sich hier mühelos zu einem großen Ganzen. Das ist die Magie von International Music.
Genau wie „Die besten Jahre“ ist „Ententraum“ 17 Songs und über eine Stunde lang. Keine Minute wird verschwendet. International Music wagen sogar noch ein paar mehr Experimente als beim letzten Mal: „Wassermann“ ist strahlender New Wave, irgendwo zwischen frühen Talk Talk und späten The Cure. „Spiel Bass“ beginnt als fuzziger Garage-Punk und endet im polyrhythmischen 808-Gewitter. „Marmeladenglas“ ist ein mächtiger Kraut- und Stoner-Rock-Hybrid. Der Quasi-Titeltrack „Der Traum der Ente“ ist fast schon Noise-Rock.
Am Ende der Psych-Pop-Ballade „Beauty Of The Bar“ lässt die Band die Zeit still stehen, während Rubels Gitarre sich im Acid auflöst. Olaf Opals Produktion ist diesmal ein bisschen griffiger als beim Vorgänger und lässt Songs wie „Insel der Verlassenheit“ und das sechsminütige Harmonie-Epos „Dschungel“ in ihrem vollen rustikalen Glanz erstrahlen. Eines ist klar: Diese drei Erpel sind gekommen, um zu bleiben.
Veröffentlichung: 23. April 2021
Label: Staatsakt