La Luz – „News Of The Universe“ (Sub Pop)
Nichts wird so bleiben, wie es war. Eine schnöde Tatsache, die wahrscheinlich für einen Großteil aller menschlichen Existenzkrisen essenziell ist. Das weiß auch Shana Cleveland. Die Schlüsselzeile der fünften LP ihrer Psych-Rock-Band La Luz ist eine Variation auf ein bekanntes Zitat der afrofuturistischen Autorin Octavia E. Butler. „Die einzige bleibende Wahrheit ist Veränderung“, heißt es bei Butler. Und bei La Luz? „I must keep my heart wide open / I know that change is the only law“, singt die US-Musikerin im Titeltrack. „News Of The Universe“ ist nach eigener Aussage ihr „brutalstes und glückseligstes“ Werk. Ein Album über den Schrecken und die Schönheit des Wandels.
Songs über einschneidende Transitionen sind für Cleveland nichts Neues. Ihr 2023 veröffentlichtes Soloalbum ist eine persönliche Chronik ihrer Schwangerschaft. Und auch diese Platte wurde von vielen Veränderungen geprägt. Ob auf privater oder auf professioneller Ebene. Alleine die Band La Luz ist heute nicht mehr die, sie noch bei ihrer Gründung 2012 war: Von den ursprünglichen Mitgliedern ist nur noch Cleveland übrig. Für Bassistin Lena Simon und Keyboarderin Alice Sandahl ist „News Of The Universe“ ein Abschiedsalbum. Letztere wurde von Maryam Qudus alias Spacemoth ersetzt, die auch diese LP produzierte. Der größte, schockierendste Wandel war aber nicht personeller, sondern persönlicher Natur: Vor Kurzem wurde bei Cleveland Brustkrebs diagnostiziert. Eine tragische Nachricht, die eine neue Konfrontation mit dem Kreislauf des Lebens bewirkte. „Ich musste soweit kommen, dass ich mich mit dem Gedanken des Todes wohl fühle“, sagt sie heute.
Schrecken und Schönheit der Veränderung
Ein Gedanke, der im Verlauf von „News Of The Universe“ omnipräsent ist. Mit „Poppies“ und „Dandelions“ werden gleich zwei Blumen besungen, die im Herbst verwelken und im Frühling wieder erblühen. Die Absurdität dieser Natur und dieses Planeten an sich thematisiert sie ausgiebig in „Strange World“. Das Mantra im Refrain ist beruhigend („We’ll be fine / Just take your time“), doch die Musik darunter donnert und brodelt unruhig. In „Blue Jay“ findet Cleveland Schönheit in im Abfluss verschwindenden Abwasser, nur um zum nüchternen Fazit zu gelangen: „I’ve lost control but I never had it / Nothing will be the same.“ Machtlosigkeit angesichts großer Schicksalsschläge ist hier ein wiederkehrendes Motiv.
Doch das Thema „Wandel“ spiegelt sich am stärksten in der Musik wieder. Cleveland und ihre Mitstreiterinnen geben sich ganz der Psychedelia hin, verbinden in bester Traum-Logik unterschiedlichste Ideen miteinander, als wäre es das Natürlichste auf der Welt. „I’ll Go With You“ beginnt mit Doom-Gitarren und entpuppt sich als liebliche Baroque-Pop-Ballade. Der Titeltrack funktioniert umgekehrt: Ein verspielter Bossa-Nova-Groove macht im Finale Platz für ein mächtiges Stoner-Riff, das dann aber wieder vom klimpernden Xylofon kontrastiert wird. Das spacige, dubbige Instrumental „Moon In Reverse“ geht über in die trockene Traurigkeit der Folk-Ballade „Blue Jay“. Und das sanft wiegende Psych-Pop-Stück „Always In Love“ (der auch textlich hoffnungsvollste Moment des Albums) wird mit einem verzerrten Gitarrensolo beendet. Diese Songs sind im stetigen Fluss, eine perfekte Ergänzung zu Clevelands tragischer Poesie. Und zeigen, dass auch die schrecklichsten Veränderungen Raum für neue Schönheit schaffen können.
Veröffentlichung: 24. Mai 2024
Label: Sub Pop