My Brightest Diamond – „A Million And One“ (Album der Woche)

My Brightest Diamond - „A Million And One“ (Album der Woche)

My Brightest Diamond – „A Million And One“ (Rhyme & Reason Records)

„Es ist dieses Bild eines Perlentauchers, der zum Meer geht und fischt. Und er findet mich, diese Perle auf dem Meeresgrund. Er hebt mich hoch und ich bin dieses seltsame kleine Ding, glänzend, aber auch schrullig, nicht ganz perfekt rund. Und er entscheidet sich, mich nicht zu behalten, sondern zurück ins Meer zu werfen. Und ich trauere, fühle Zurückweisung und Verlust, weil ich nicht die besondere, auserwählte Perle bin. Aber während ich langsam wieder zum Meeresgrund sinke, schaue ich mich um und sehe all diese anderen wunderschönen Perlen, die alle zurückgewiesen wurden. Und sie sind alle unperfekt und schrullig, aber trotzdem glänzend und wunderbar. Und mir wird klar: Hier liegt meine Ehre, hier in diesem Feld der Menschlichkeit, wo jeder in seiner eigenen Form wunderschön ist.“

Mit diesen Worten beschrieb die US-Amerikanerin Shara Nova während ihres Besuchs bei ByteFM die Geschichte von „A Million Pearls“, dem Herzstück ihres neuen Albums „A Million And One“. Ihr Projekt My Brightest Diamond hat schon einige musikalische Transformationen erlebt, vom streicherlastigen Kammer-Rock ihres Debüts „Bring Me The Workhorse“ bis zu den Marching-Band-Experimenten ihres letzten Albums „This Is My Hand“. Was immer gleich geblieben ist: Mit ihrer Musik feiert die klassisch ausgebildete Musikerin das Unperfekte, das Schrullige, das Wunderschöne.

Auch „A Million And One“ ist das Ergebnis einer neuen Transformation, sowohl auf musikalischer als auch persönlicher Ebene. Als ihr letztes Album erschien, hieß sie noch Shara Worden. Ihre Scheidung verarbeitet sie in „Supernova“, der sterbende, explodierende Stern als Symbol für eine Neugeburt. Während die Texte Novas Gegenwart umschreiben, reist sie mit der Musik in die Vergangenheit. Die pulsierenden Bassdrums, funky Gitarren und minimalistischen Arrangements sind von den Klängen inspiriert, die in ihrer Jugend in Detroit aus dem Radio schallten: Sowohl der Motown-Sound als auch der Techno, der in der „Motor-City“ seinen Ursprung fand.

Eine nicht ganz runde Perle

Im Eröffnungssong „It‘s Me On The Dancefloor“ findet Nova sich zwar auf einer Tanzfläche wieder, fühlt sich dort aber trotz der sie umgebenden schwitzenden Menschenmenge einsam. Im Abschlusssong „White Noise“ wechselt sich ein direkt auf die Hüfte zielender Funk-Bass mit einem bedrohlich knurrenden Synth-Bass ab – bis im Outro alles im Chaos des titelgebenden weißen Rauschens weggewaschen wird.

„Champagne“ klingt oberflächlich wie eine hedonistische Party-Hymne, ist aber eigentlich pure Selbstermächtigung mit einem starken Mantra: „I will not cry.“ Aggression, Katharsis und Schönheit gehen auf „A Million And One“ Hand in Hand, manchmal in Sekundenbruchteilen. Das Ergebnis ist vielleicht nicht ganz rund, vielleicht ein bisschen schrullig – strahlt aber vom Anfang bis zum Ende ein faszinierendes Glänzen aus.

Veröffentlichung: 23. November 2018
Label: Rhyme & Reason Records

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