Public Service Broadcasting – „Bright Magic“ (Album der Woche)

Von ByteFM Redaktion, 27. September 2021

Bild des Albumcovers von „Bright Magic“ von Public Service Broadcasting, das unser ByteFM Album der Woche ist.

Public Service Broadcasting – „Bright Magic“ (PIAS)

Berlin ist eine echt große Stadt! Mit viel Geschichte! Und pulsierender Untergrundkultur! Ganz viele kultige, kreative Menschen! Wer will, kann die ganze Woche (!) feiern gehen! Habt Ihr schon mal vom Berghain gehört? Schon echt ein verrückter Ort, diese Hauptstadt.

Manchmal braucht es den Blick eines Außenstehenden, um diese müden Klischees wieder lebendig wirken zu lassen. Zum Beispiel den Blick von J. Willgoose Esq., dem kreativen Anführer von Public Service Broadcasting. Seine Band versteht es schließlich ziemlich gut, Archetypen der Vergangenheit mit der Gegenwart zu verbinden. Das britische Trio steht seit fast zehn Jahren für samplelastigen Art-Rock, für ein Geflecht aus historischen Klangschnipseln und pulsierenden Instrumentals. Nach ihren bisherigen LPs, die unter anderem das Rennen um den Weltraum in den 50er- und 60er-Jahren oder den Aufstieg und Fall der britischen Kohleindustrie zum Thema hatten, zog es Willgoose nun nach Berlin. Er hatte laut eigener Aussage schon länger ein Bild von dieser Stadt im Kopf, eine Vision eines „gegensätzlichen, pulsierenden“ Ortes. Das vierte Public-Service-Broadcasting-Album „Bright Magic“ ist sein Abgleich dieses Bildes – mit faszinierenden Ergebnissen.

Denn wenn ein Mensch wie Willgoose das Wort „pulsierend“ verwendet, dann spricht er nicht von Klischees. Der meint das todernst: Bevor er mit seinen Bandkollegen in den legendären Hansa Studios (wo auch sonst) das Album einspielte, spazierte Willgoose mit einem elektromagnetischen Empfänger die Leipziger Straße entlang – und nahm den wortwörtlichen Puls der Stadt auf. Die Straße in Berlin Mitte ist nicht zufällig gewählt, hier brannte 1882 die erste elektrische Straßenlaterne der Stadt. Anstatt Klangschnipsel aus Archiven zu nutzen, betreibt die Band dieses Mal aktive Feldforschung.

Am kultigen Puls der Hauptstadt

Generell ist das früher bei Public Service Broadcasting so omnipräsente Sampling auf „Bright Magic“ in den Hintergrund gerückt. Stattdessen lässt die Band alte und neue Held*innen der Stadt zu Wort kommen – mit einem Fokus auf den goldenen Zwanzigern und dem Untergrund-Pop der 80er-Jahre. In „Der Rhythmus der Maschinen“ erklingt die sonore Stimme von Berlin-Untergrund-Ikone Blixa Bargeld, über ein erst hartes, dann erhebendes Techno-Instrumental. Später kanalisiert Gurr-Sängerin Andreya Casablanca in „Blue Heaven“ Marlene Dietrich. Die Hansa Studios als Aufnahmeort wurden nicht zufällig gewählt: Die dunklen Synthesizer-Nebelschwaden des Albums erinnern stark an die zweite Hälfte von David Bowies „Low“, das genau hier entstand.

Im Album-Abschluss „Ich und die Stadt“ liest Schauspielerin Nina Hoss „Augen in der Großstadt“, ein Gedicht von Kurt Tucholsky, seines Zeichens einer der wichtigsten Literaten der Weimarer Republik: „Du musst auf Deinem Gang durch Städte wandern, siehst einen Pulsschlag lang den fremden Andern. Es kann Dein Freund sein, es kann Dein Feind sein.“ Da ist er wieder, der Puls. Manchmal braucht es die Perspektive von drei Briten, um zu merken, wie viel Magie doch im guten alten Berlin steckt.

Veröffentlichung: 24. September 2021
Label: PIAS

Bild mit Text: „Ja ich will Radiokultur unterstützen“ / „Freunde von ByteFM“

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