Digable Planets – „Blowout Comb“ (Pendulum / EMI Records)
Wenn das Debütalbum einer Band von der Kritik gelobt und die erste ausgekoppelte Single ein Hit und Grammy-prämiert wird, sind die Erwartungen an den zweiten Longplayer hoch. „Blowout Comb“ des US-HipHop-Trios Digable Planets war kommerziell weniger erfolgreich, weniger radiotauglich, dafür verschmolzen verstärkt Soul-Samples mit Live-Instrumenten und die politische Botschaft wurde geschärft.
Die Rapper*innen Mary Ann „Ladybug Mecca“ Vieira, Ishmael „Butterfly“ Butler und Craig „Doodlebug“ Irving hatten 1993 mit ihrem Erstling „Reachin‘ (A New Refutation Of Time And Space)“ und der Single „Rebirth Of Slick (Cool Like Dat)“ bereits mächtig Eindruck gemacht. Das durch ein Jazz-Sample von Art Blakey And The Jazz Messengers verfeinerte Stück erlangte hohe Chart-Positionen und machte die Gruppe zu einem Aushängeschild des Jazz-Rap, den auch Acts wie A Tribe Called Quest, De La Soul oder Jungle Brothers praktizierten.
Dass die Band nicht unbedingt Teil des Massengeschmacks sein wollte, deutete Butler bereits auf der Grammy-Verleihung 1994 an. Er forderte die gutsituierten Gäste auf, mehr an die weniger glücklichen US-Amerikaner zu denken und schloss seine Rede mit den Worten: „Universal Black Family … eines Tages werden wir unseren wahren Feind erkennen, und wir werden aufhören, uns gegenseitig anzugreifen, und vielleicht werden wir dann einige Veränderungen bewirken.“
Ode an Fort Greene
„Blowout Comb“ war gedacht als „mutige und farbenfrohe Meditation über die Befreiung der Schwarzen“, lebt aber auch von den Kontrasten. Die Musik ist oft wohlig temperiert, Vibraphon trifft auf Fender-Rhodes-Klänge. Bläser harmonieren mit geschmackvollen Drum-Figuren, wie in „Dog It“. Die Botschaft ist aber wie in „Jettin‘“ klar zu verstehen: „I got raised by the blue street lights of four cities / My heros died in prison: George Jackson (Anm.: ein militanter Black-Panther-Aktivist).“
Die Band war von Philadelphia in den Brooklyner Stadtteil Fort Greene, schon lange auch ein Ort der Kreativität, gezogen und tauchte hier tief in das Alltagsleben der afroamerikanischen Gemeinschaft ein. Viele Schwarze Künstler*innen haben hier gelebt, darunter der Schriftsteller Colson Whitehead oder der Jazz-Pianist Cecil Taylor. So ist „Blowout Comb“ auch eine Ode an diesen Mikrokosmos, wie in „Borough Check“ besungen.
Die Verkaufszahlen von „Blowout Comb“ waren zwar ernüchternd, von der Kritik wird es aber oft als der bessere der beiden Longplayer eingestuft. Ein HipHop-Klassiker, sanft fließend, zuweilen wütend und auch mit nachdenklichen Passagen. Das Trio trennte sich kurz nach der Veröffentlichung, die Mitglieder verfolgten dann eigene Projekte, um später immer wieder zusammenzufinden. So stehen jetzt für November und Dezember Konzerttermine in den USA und Europa an.
Veröffentlichung: 18. Oktober 1994
Label: Pendulum / EMI Records