Keine Feuergefahr: The Mercury Program: "Chez Viking"

The Mercury ProgramThe Mercury Program – „Chez Viking“
VÖ: 24.11.2009
Web: http://www.myspace.com/themercuryprogram
Label: Lovitt Records
Kaufen: ”iTunes"

Ich hoffe zwar nicht, dass ich jemals in die Verlegenheit komme, lediglich zehn Alben behalten zu dürfen, auf die ich absolut nicht verzichten kann. Das im Jahr 2000 erschienene „From The Vapor Of Gasoline“ von The Mercury Program wäre auf jeden Fall dabei. Das Album ist ein unfassbar spannungsgeladener Energie-Mix aus elektrisierenden Gitarren, wunderbarem Vibraphon, mächtigem Bass und trockenem Schlagzeug, die Songs teils instrumental, teils mit Gesang. Die benzingeschwängerte Luft vibriert, und man erwartet jeden Augenblick, dass sie sich entzündet und einen Flächenbrand auslöst.

Die Band, ursprünglich aus Florida und inzwischen in New York zu Hause, bestand zunächst aus Tom Reno, David Lebleu und Sander Travisano. Ihr selbstbetiteltes Debüt aus dem Jahr 1999 enthält acht Songs, schon seinerzeit nur teilweise mit (Sprech-)Gesang. Sander Travisanos Bruder Whitney stieß zur Band, und im Jahr 2000 erschien besagtes „From The Vapor Of Gasoline“. Es folgte in 2001 die hervorragende EP „All The Suits Began To Fall Off“, und hiermit hatten sich The Mercury Program komplett vom Gesang verabschiedet. Im Jahr 2002 veröffentliche die Band ihr vorerst letztes Album „A Data Learn The Language“, welches schon nicht mehr ganz so aufgeheizt daherkam. In 2003 folgte zumindest noch eine Split-CD („Confines Of Heat“) mit der Band Maserati.

Wenn man eine Band derart ins Herz geschlossen hat, möchte man sie selbstverständlich im Ohr behalten. Hin und wieder habe ich die Website von The Mercury Program wegen etwaiger News aufgerufen, aber die Bandmitglieder gingen ihren eigenen Belangen nach, und noch vor einigen Monaten stand dort zu lesen, dass in absehbarer Zeit wohl nicht mehr mit einer Veröffentlichung zu rechnen sei. Umso überraschter war ich, als ich vor kurzem entdeckte, dass dieser Tage „Chez Viking“ erschienen ist. Sieben Songs in knapp 32 Minuten – man darf getrost von einem Mini-Album sprechen.

Der erneut komplett instrumentale Sound von „Chez Viking“ klingt bereits mit dem eröffnenden Titelstück wieder vertraut, wirkt aber deutlich entspannter. Die Mitglieder der Band sind – wie wir alle – über die Jahre eben auch etwas älter geworden. Aber der Schein trügt insoweit, als „Chez Viking“ bereits im Herbst 2006 aufgenommen wurde. Erst Ende 2008 war die Band dann bereit, die Aufnahmen auch mixen und mastern zu lassen, und nun liegt das Resultat also vor.

Feuergefahr besteht diesmal trotz derselben Besetzung zwar nicht, ein Hörvergnügen ist „Chez Viking“ aber trotzdem. Dies mag daran liegen, dass die Band mit sich und ihrer Musik etwas anzufangen weiß. Die Gefahr der Redundanz, die instrumentaler Rock-/Pop-Musik häufig innewohnt, besteht hier – abgesehen von einer Ausnahme – nicht. Die Songs von The Mercury Program entwickeln sich und sind durchaus vielschichtig. Mit „Arrived/Departed“ und „Backseat Blackout“ steigert sich das Album bis zu seinem zentral gelegenen Höhepunkt: „Katos“ wabert und fließt zunächst knapp zweieinhalb Minuten vor sich hin, aber dann setzt ein unglaublich cooler Basslauf ein und The Mercury Program sind nahezu wieder at their best. Der kürzeste Song „Stand & Sing“ ist zugleich der Schwächste, denn er wirkt im Vergleich zum Rest des Albums ein wenig uninspiriert. Dies ist jedoch verschmerzbar, denn mit „The Church Of Cause And Effect“ und „Flourescent Laces“ sind The Mercury Program wieder ganz bei sich selbst (und bei uns Hörern natürlich).

Herrje, wie habe ich diese Band vermisst. Gut, dass sie wieder da ist.

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