Kutiman – „6am“ (Rezension)

Von Stephan Szillus, 16. Juni 2016

Cover des Albums 6am von KutimanKutiman – „6am“ (Siyal Music)

7,5

Morgen erscheint „6am“, das neue Album des israelischen Künstlers Kutiman. Diese vage Bezeichnung macht in seinem Fall absolut Sinn, denn er schreibt Songs, spielt unzählige Instrumente, dirigiert Orchester, produziert seine Platten selbst, dreht Filme und schreibt die Soundtracks dazu – sein bekanntestes Stück ist ein Youtube-Mashup, das man im weitesten Sinne als Digitalkunst bezeichnen kann. „6am“ ist seine Hommage an den Psych-Rock, versetzt mit Elementen aus Film- und Soulmusik.

Vor zehn Jahren erschien Kutiman zum ersten Mal auf dem internationalen Radar, als er beim Kölner Indie-Label MPM die Single „No Groove Where I Come From“ veröffentlichte und darauf alle Instrumente selbst spielte. Sein Debütalbum „Kutiman“ erschien 2007 und wurde von einschlägigen Medien positiv rezipiert. Größere Bekanntheit erlangte er durch das Youtube-Mashup-Projekt „ThruYOU“ von 2009, das von Spiegel Online als „neue Stufe im postmodernen Spiel mit Bilder- und Tonfunden im Netz“ und im Time Magazine als eine der „50 Best Inventions in 2009“ gelobt wurde.

In den letzten Jahren ist Kutiman in Städte wie Krakau, Jerusalem, Tokyo, Riga, Tel Aviv und New York gereist. Dort kreierte er audiovisuelle Montagen dieser Städte und ihrer Eigenarten. Auf seinem eigenen Label Siyal Music veröffentlichte er zuletzt die EP „Space Cassava“, die sich aus Einflüssen aus Freejazz und Afrobeat speiste und von der Kritik positiv aufgenommen wurde. Der Nachfolger „6am“ ist nun deutlich songorientierter geraten: Während „Space Cassava“ aus zwei langen Suiten bestand, hat er für „6am“ acht klassische Rockstücke geschrieben, von denen viele mit Gesang von Adam Scheflan und Karolina daherkommen. Psychedelische Rock-Einflüsse ergänzen die Basis aus klassischer Soulmusik, dazu kommen Orchesterklänge und immer wieder auch Elemente aus der arabischen Welt und dem nahen Osten.

Kutiman ist die wahre Definition eines unabhängigen Künstlers. Auch bei „6am“ war er wieder in alle Schritte der Produktion involviert: vom Schreiben der Musik über die Aufnahmen der verschiedenen Instrumente bis zur Gestaltung des Cover-Artworks und dem Vertrieb über das eigene Label. Manche der acht Songs sind vielleicht etwas pompös und pathetisch geraten, aber über weite Strecken ist es eine großartige Hommage an die Musik der späten 1960er-Jahre, von Ennio Morricone und Lalo Schifrin bis zu den Electric Prunes und David Axelrod. Einzigartigen Charakter bekommt die Musik des Israelis durch ihre kulturelle Färbung.

Hier kann man „6am“ kaufen.

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