Scott Walker (Foto: Jamie Hawkesworth)
„Nite Flights“ ist eine Momentaufnahme aus der Karrieremitte von Scott Walker. Aufgenommen 1978 für das gleichnamige Reunion-Album von The Walker Brothers zeigt es ihn in der Phase zwischen Chanson und Avantgarde. Es ist für heutige Begriffe ein relativ straighter Popsong, für das The-Walker-Brothers-Stammpublikum grenzte er damals ans Unhörbare. Eine Nähe zu David Bowie – der den Track 1993 auf seinem Album „Black Tie, White Noise“ coverte, lässt sich nicht verleugnen. Sowohl stimmlich als auch musikalisch. Opulente Orchestrierung, treibender Bass, dazu Walkers satte Baritonstimme. Eine diffus-düstere, leicht bedrohliche Stimmung durchzieht den Song. Unter der Oberfläche ruht das Böse, der Abgrund.
Scott Walker, geboren 1943 als Scott Engel in Ohio, hatte den Charme, mit zunehmendem Alter immer radikaler zu werden. Er begann seine Karriere Mitte der 1960er als stimmgewaltiger Golden Boy bei der Band The Walker Brothers und beendete sie 2014 mit „Soused“, einem schwarzen Monolithen von einem Album, das er zusammen mit der Drone-Metal-Band SunnO))) aufnahm. Spätestens ab „Tilt“ (1995) verweigerte er sich konsequent aller kommerzieller Erwartungen.
Wie so oft ist Rückblickend gerade die Umbruchphase interessant, die bei Walker „Nite Flights“ und sein Soloalbum „Climate Of Hunter“ von 1984 umfasst. Schon weit entfernt von den Jacques-Brel-inspirierten Songs der 60er und 70er, aber fast noch genauso weit entfernt von der späteren – ebenfalls grandiosen – Totalverweigerung. Scott Walker starb heute vor einem Jahr, am 22. März 2019. Es lohnt sich, sich noch einmal mit allen Phasen seines Schaffens zu beschäftigen. Anfangen könnt Ihr mit der Momentaufnahme „Nite Flights“, unserem Track des Tages: