(Souterrain Transmissions)
5,3
Was soll das sein? „Intro To Fractions“? Eine Einführung in die Bruchrechnung, oder was? Ein Teil von etwas größerem? Ist diese Platte wohlmöglich nur ein Vorgeschmack auf das eigentliche Werk? Ein Intro? Und das sind jetzt eben Stücke, die noch nicht ganz ausgereift sind, denen die Energie und der Schweiß fehlt. Das Herzblut! Oder sind mit „Fractions“ etwa „Brüche“ gemeint? Musikalische Unebenheiten, Risse im Gitarrengletscher, gar Eruptionen? Oder ein Bruch mit Traditionen? „Intro To Fractions“ lässt den Hörer zunächst erstmal eins sein: ziemlich ahnungslos.
Doch wie so oft gibt die Geschichte Antworten: Nach ihrem 2008er „wir-wollen-so-klingen-wie-A-Place-To Bury-Strangers-nur-rotziger“-Debütalbum „Fire On Corridor X“ wollen sich All The Saints emanzipieren, die „nachdenklichen“ Ideen verfolgen. Gut so, denn „Fire On Corridor X“ war schon ganz schön auf die Fresse, fast machomäßig laut, trotzdem nicht schlecht – ohrenbetäubend eben. Zum Nachdenken braucht es Zeit. Fast vier Jahre! In dieser Zeit reist die Band aus Georgia viel herum und nimmt das neue Album in mehreren Studios in und um ihre Heimatstadt Atlanta auf. In Teilen, also in „fractions“? Aber: verderben viele Köche nicht den Brei? Hörbar ist das nomadische Aufnahmeverhalten der Band nicht. Zwar sind die Stücke weniger komprimiert, als auf dem Vorgängeralbum, tatsächlich hört man auch Brüche und weitläufigere Arrangements, so richtig kickt das aber nicht. Eine Innovation soll das sein, was das Label im Infobrief als „much more thoughtful“ beschreibt. Damit können nur die Songs gemeint sein, die offenbar noch gerade gut genug für das Ende der Platte sind. Der Titeltrack „Intro To Fractions“ erinnert mit schleifendem Gesang und vom Feedback her an Fields Of The Nephilim, „Sunk Hill“ ist Whiskey-Feeling pur: auf einer alten amerikanischen Veranda sitzen, in einem Schaukelstuhl, High Noon und saufen. Der Cowboy-Song der Platte, passend lo-fi aufgenommen. Ein alter Hut: auch das Debütalbum hatte seine unkonventionellen Momente.
Hachja, es schunkelt so daher. Wo ist denn nun der rote Faden? Im Stück „4 H Trip“ ist er nicht, aber das ist irgendwie abgefahren: gut eine Minute lang wunderschöne Orientierungslosigkeit. Sollte es da um Drogen gehen, gut getroffen! Aber sonst? Fields Of The Nephilim schauen häufiger vorbei, eher sind es die Wall of Sounds, die uns wie Druckerwalzen überrollen – und uns platt machen. „Intro To Fractions“ entwickelt nach ein paar Runden einen gewissen Reiz, da ist ein sonderbares Gewürz versteckt auf diesem von Feedback und Trommelergüssen geschundenen Album. Ein Abgrund – eine kranke Eleganz – ein letzter Anschlag der Gitarrenseite vorm Delirium. So ist die anfängliche Orientierungslosigkeit doch Konzept und Ergebnis „nachdenklicher“ Ideen? Eine schön verwirrende Platte.
[audio:http://www.byte.fm/magazin/audio/01_All_The_Saints_Intro_To_Fractions_Half_Red_Half_Way.mp3|titles=Half Red, Half Way|artists=All The Saints]All The Saints – „Half Red, Half Way“ (Download)
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