Neue Platten: Darkside – "Psychic"

Darkside - Psychic (Matador/Other People)Darkside – „Psychic“ (Matador/Other People)

9,0

Nicolas Jaar ist eines dieser musikalischen Wunderkinder der Nullerjahre. Mit 19 hat er das Label „Clown & Sunset“ ins Leben gerufen und mit 21 sein Debüt „Space Is Only Noise“ herausgebracht. Seine Tracks hängen zwischen Minimal Techno und einer schmutzigen, dunklen Version von Soul, zeichnen sich aus durch langsame Beats und mäandernde Klanggebilde. Die gibt es auch auf „Psychic“ zu hören, dem ersten Album von Darkside.

Darkside, das sind Jaar und Dave Harrington, ein DJ und Multiinstrumentalist. Harrington hat Jaar in den letzten Jahren als Gitarrist auf Tour begleitet. Dabei haben sie angefangen, gemeinsam an Musik zu arbeiten. Als das erste Konzert anstand, sollen Darkside gerade mal 20 Minuten Material fertig gehabt haben. Der Rest vom einstündigen Set wurde mit Musik gespickt, die sie kurz zuvor improvisiert haben. Dieses Element der Improvisation hat es auf „Psychic“ geschafft. Die acht Stücke klingen an vielen Stellen wie Skizzen, offen und durchsichtig.

Der Opener „Golden Arrow“ setzt sich über elf Minuten langsam zusammen. Manche Spuren brechen zwischendurch ab, neue kommen dazu. Synthies surren über gedämpfte Celli hinweg, ein schleppender Beat setzt ein, eine discoesque Gitarrenmelodie gesellt sich dazu. Irgendwann hat der Track eine eindringliche, krautrockige Dichte erreicht, die schnell wieder aufbricht, sodass nichts zu dick aufgetragen klingt. „Golden Arrow“ endet in einem Dröhnen.

Dröhnen, Rauschen und Knistern sind die bindenden Elemente auf „Psychic“. Fast jedes Stück beginnt oder endet in einem solchen Nichtklang. Das Album wirkt wie ein Einblick in ein Studio, in dem Jaar und Harrington live experimentieren und Soundfragmente zusammenwerfen. Zum Beispiel wie im Track „Heart“ einen Beat aus Stechschritten mit einer erdigen Gitarrenspur, die den ein oder anderen Progrockonkel glücklich machen kann. Dazu setzt dann unvermittelt das Falsett von Jaar ein, mal sehnsuchtsvoll, mal gespenstisch – ziemlich nah am Blues gebaut. Oder Darkside nähern sich wie in „The Only Shrine I’ve Seen“ dem Funk an, setzen die Gitarre prominent nach vorn und geben ihr einen eingängigen Beat an die Seite, der sich plötzlich rar und einem spacigen, orgeligen Dröhnen Platz macht.

„Psychic“ ist ein wahrer Flickenteppich aus Klangflächen, found sounds, Stimmfetzen und Effekten, der sich gut als Soundtrack zu einem dystopischen, Lynch-esquen Kurzfilm vorstellen lässt. Bei aller ambitionierten Soundheterogenität bekommt jedoch jedes Stück noch die Kurve und driftet nicht in psychedelische Frickelei ab. Man kann gespannt sein, was als nächstes von Darkside kommt. Hier haben sich zwei Köpfe getroffen, die ihr musikalisches Wissen und Produzenten-Know-how äußerst beeindruckend verbinden.

Label: Matador/Other People | Kaufen

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