Neue Platten: Girl With The Gun – „Ages“

Girl With The Gun - Ages (Folk Wisdom)Girl With The Gun – „Ages“ (Folk Wisdom)

8,0

Sphärische Gitarren, die trotz einer gewissen Schwermütigkeit immer wieder echte Glücksmomente erzeugen, sind ein Zeichen zeitloser Popmusik und passen als Beschreibung gut zu „Ages“, der neuen Platte von Girl With The Gun. Das Trio aus dem süditalienischen Lecce spannt darauf einen Bogen von getragenen Torch Songs bis hin zu melancholischem Dream Pop à la Cocteau Twins. Ausbalanciertes Songwriting und die große stilistische Bandbreite versprechen dabei ein Album, das es zu entdecken lohnt.

„Ages“ ist nach dem selbstbetitelten Debüt aus dem Jahr 2008 das zweite Album von Girl With The Gun. Im Kern besteht die Band aus dem Duo Matilde Davoli und dem Produzenten Andrea Mangia, bisher wohl besser bekannt unter seinem Produzenten-Alias Populous, mit dem er in den letzten zehn Jahren mehrere Electronica-Alben auf Morr Music veröffentlicht hat. Zuwachs erhielten die beiden auf der neuen Platte noch durch Drummer Andrea Rizzo, der die Band so zum Trio anwachsen lässt.

Betrachtet man zunächst die visuelle Ästhetik der ersten beiden Videos, könnte man auf die Idee kommen, Girl With The Gun seien echte Fans von 80er-Retrokitsch. Bei „Hold On For Cues“ flimmern ölig glänzende Bodybuilder in zerschreddertem Glitsch-Style über den Bildschrim, bei „Hover“ schwingen dafür Aerobic-Tanzgruppen das Tanzbein, das alles in schneller Schnittfolge und inmitten der Neon-Kulissen skuriller TV-Shows. Die Musik von Girl With The Gun klingt jedoch trotz einiger elektronischer Instrumente weniger nach Synthiepop, sondern ruft vielmehr Erinnerungen an die dunkle Atmosphäre klassischer 4AD-Bands hervor. Auch ein Hauch Shoegazer-Sound ist häufig mit dabei. Dazu passt auch, dass Slowdive-Drummer Simon Scott bereits auf dem 2008er-Debüt von Girl With The Gun auf der Liste der Gastmusiker vertreten war.

Auf „Ages“ steht dafür ein Songs wie „Long Gone“, der mit seiner dichten Bassverzerrung, seinen verwaschenen Echo-Gitarren und seinen flirrenden Synth-Teppichen stark in die Shoegazing-Richtung geht. Der stark verhallte, elegische Gesang von Matilde Davoli verliert sich hier fast vor dem instrumentalen Hintergrund, wie auch bei der fünfminütigen Piano-Ballade „Echo Alone“, die am Ende des Albums mit stark gedrosseltem Tempo und weit ausladenden Feedback-Gitarren richtige Late-Night-Stimmung verbreitet und in der Art des getragenen Gesangs ein wenig an Elizabeth Fraser und This Mortal Coil denken läßt. Im Gegensatz dazu gibt es aber auch beinah leichtfüßige Stücke wie „At All“ oder „Kids“, die mit klarer Songstruktur und leichtem Country-Einschlag daherkommen. Beim oben erwähnten „Hover“ sorgt gar eine motorische Basslinie für Antrieb und echtes Krautrock-Feeling. Streicher und Harfen-Samples auf „Only Twice“ und „Fireflies“ stehen dagegen stellvertretend für eine reichhaltige Instrumentierung, die auf „Ages“ aber in keinem Moment unangenehm bombastisch wird. Denn dafür arrangieren Girl With The Gun ihre Songs zu gekonnt, indem sie immer wieder atmosphärisch dichten Passagen reduzierte Gesangsparts gegenüberstellen. Insgesamt verzaubert einen „Ages“ aber vor allem durch seine verträumten Mittsommernachtsmelodien, die wie eine Erinnerung an fantastische Orte herbeiwehen und auf ihre Enträtselung warten.

Label: Folk Wisdom | Kaufen

Das könnte Dich auch interessieren:

  • Jamie xx – „In Colour“ (Album der Woche)
    Dance-Musik macht Jamie xx glücklich. Mit seinem Debütalbum "In Colour" gibt der 26-Jährige ein Stück von diesem Glück weiter. "In Colour" ist ein in vielen Farben schillerndes House-Dubstep-Amalgam. Soundschnipsel aus Jungle-Dokus und hochkarätige Gäste treffen auf pluckernde Arpeggios, dröhnende Synths und lässige Beats....
  • Cover des Albums Yes Lawd! von NxWorries
    Knxwledge bastelt lässige Samples à la Madlib, Anderson .Paak rappt locker und mit viel Soul darüber. Ein paar uneilige Beats dazu – fertig ist „Yes Lawd!“, das Debüt der HipHop-Kollaboration mit dem Namen NxWorries....
  • Klez.e – „Desintegration“ (Album der Woche)
    Mit "Desintegration" schauen Klez.e zurück ins Jahr 1989. Das Album ist eine Hommage an ihre Jugend und an damals wie heute vergötterte Wave-Bands wie The Cure, die Schwermut so schön in Musik verpackten....


Deine Meinung

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.