Wer? Was? Warum? ByteFM Redakteure besprechen eine Auswahl aktueller Neuerscheinungen.
Wer? Wer schon einmal im Münchner Nachtleben unterwegs war und einen Blick weg von austauschbaren, beliebigen Mainstreamformaten, die in jeder Stadt zu finden sind, in Richtung speziellerer Veranstaltungen gewagt hat, dem könnte die ZomboCombo aufgefallen sein. Die ZomboCombo ist ein vierköpfiges DJ-Team, das Mottopartys unter ebendiesem Namen veranstaltet, bei denen die negative Konnotation sonstiger solcher Partys aber nicht mitschwingt, stattdessen exzellente Auflegekunst gepaart mit nicht-alltäglicher Atmosphäre präsentiert wird, wodurch einzigartige Erinnerungen an diese Veranstaltungen zurückbleiben. Ein Mitglied dieses herausragenden Partykollektivs ist Polina Lapkovskaja alias Polly, die zusammen mit Manuel da Coll, dem Schlagzeuger der weiträumig bekannten bayerischen Formation LaBrassBanda, auch unter dem Namen Pollyester auftritt.
Was? Mit dem Balkan-Brass-Funk von LaBrassBanda ist Pollyester allerdings kein bisschen zu vergleichen. Das Duo macht auf dem Album „Earthly Powers“ Musik für den Club, jedoch nichts Abgedroschenes, sondern Elektronisches, das man im Cluballtag nicht jeden Tag hört. Polly spendiert den Tracks mit ihrem Bassspiel ein packendes, grooviges, funkiges Fundament, das Lust macht, auf der Stelle das Tanzbein zu schwingen. Manuel da Coll legt sein treibendes Schlagzeug darunter – man könnte das daraus Entstehende oft auch als Krautrock bezeichnen. Dazu kommen angenehm zurückhaltende Synthesizer, die den herausfordernden Spagat hinbekommen, auf der einen Seite unaufdringlich und angenehm zurückhaltend, auf der anderen Seite dennoch stets präsent zu sein.
Warum? Es war im Dezember 2008, als ich das erste Mal mit Pollyester in Berührung kam – auf der Weihnachtsgala der Band The Robocop Kraus, die sich, als sie noch existierte, jedes Jahr eine Reihe befreundeter Bands einlud, um mit ihnen zusammen ein Fest zu feiern. Pollyester betraten irgendwann die Bühne, kaum einer kannte sie, aber sie hatten das Publikum innerhalb von Sekunden in ihren Bann gezogen und sorgten für offen stehende Münder. Denn ihre minimalistische Musik aus Bass, Schlagzeug und Gesang präsentierten sie auf sehr einnehmende Weise, aus dem Hintergrund mit kühlem blauen Licht angestrahlt, was nur noch die Silhouetten der Musiker durch den Nebel schimmern ließ. Diese unglaubliche Atmosphäre kann auf „Earthly Powers“ zwar unmöglich konserviert werden, doch das Album ist trotzdem ein sehr gelungenes Werk voller unprätentiöser und auf subtile Art packende Musik, das seine Hörer dazu anheizt, sich die Band im Club anzusehen, um selbst in den Genuss dieses betörenden Live-Erlebnisses zu kommen.