Parquet Courts – „Wide Awake!“ (Rough Trade Records)
„Wide Awaaaaake!“ – den zahlreichen As auf ihrem Albumcover entsprechend sind Parquet Courts heeeeellwach, Ausrufezeichen. Der sechste Langspieler der Post-Punk-Band aus New York ist ihr bisher tanzbarstes Album geworden. 13 Songs, die aus jeder Pore pure Lebensfreude schwitzen – ohne dabei den Boden unter den Füße zu verlieren.
Gewalt, Tod und Triangeln
Im Vergleich mit diesem Album wirkt der 2016 veröffentlichte Vorgänger „Human Performance“ nahezu balladesk. „Ich brauchte ein Ventil für die Seite von mir, die Emotionen wie Freude, Wut und Albernheit verspürt“, so Sänger A. Savage in einem Pressestatement. Man habe viel Black Flag und Gorilla Biscuits gehört. Hardcore-Punk-Bands, die trotz all ihrer Rage zum euphorischen Herumspringen animieren.
Um diese Gratwanderung zwischen Punk und Pop zu meistern, hat die Band mit einem wahren Produzenten-Schwergewicht zusammengearbeitet: Brian Burton, besser bekannt unter dem Namen Danger Mouse. Die Fingerabdrücke des sechsfachen Grammy-Siegers lassen sich überall auf dieser Platte identifizieren: Vom knochentrockenen Schlagzeugsound über das Bar-Piano, das fröhlich durch „Tenderness“ klimpert, bis zur Motown-Bassline, die das schlagende Herz von „Before The Water Gets Too High“ bildet. Burtons Liebe für Soul und Funk färbt auf den Schrammel-Post-Punk von Parquet Courts ab – und steht ihnen sehr gut.
Die Euphorie, die dieses Team entfachen kann, ist ansteckend, zum Beispiel beim hemmungslosen Triangel-Groove des Titelsongs „Wide Awake“. Auch die gleichermaßen punkigen wie funky Synkopen der zweiteiligen Single „Almost Had To Start A Fight / In And Out Of Patience“ gehen sofort ins Bein, genau wie der Reggaeton-Rhythmus, der „Back To Earth“ antreibt.
Doch bei all der guten Laune haben Parquet Courts zum Glück nicht ihren Biss und ihr lyrisches Feingefühl verloren. Savage beginnt „Violence“ mit einem Silbensalat über die alltägliche US-amerikanische Gewalt, der in seiner aggressiven Wortgewandtheit dem kürzlich verstorbenen The-Fall-Mastermind Mark E. Smith in nichts nachsteht: „Violence is the fruit of unreached understanding that flower from the lips of scoundrels.“ Und in „Death Will Bring Chance“ findet Co-Sänger Austin Brown bittere Worte für den alles verändernden Einfluss des Todes, während ein Kinderchor das titelgebende Mantra singt. Es sind diese Momente, die einem beim Tanzen zum Stolpern bringen, die „Wide Awake!“ zu solch einem guten Album machen.
Veröffentlichung: 18. Mai 2018
Label: Rough Trade Records