Whitney – „Candid“ (Album der Woche)“

Bild des Albumcovers „Candid“ von Whitney, das ByteFM Album der Woche ist.

Whitney – „Candid“ (Secretly Canadian)

Bei dem Wort „Komfortzone“ kann man schnell schon mal an Whitney denken. Das ist überhaupt kein Diss gegen das Duo aus Chicago. Wenn man eine Platte der singenden Schlagzeuger und Gitarristen Julien Ehrlich und Max Kakacek auflegt, weiß man ziemlich genau, was einen erwarten wird. Nostalgisch verklärter Folk-Rock nämlich, gefüllt mit glänzenden Fender-Rhodes-Sounds und Gesangsharmonien. Whitney bieten Schönheit der Schönheit wegen, ohne großen Subtext oder aufregende Experimente. Dafür aber in außerordentlicher Qualität. Musik, so gemütlich vor sich hin knisternd wie ein Lagerfeuer unter klarem Sternenhimmel.

Mit „Candid“, ihrem nun erscheinenden dritten Studioalbum, will das Duo nun aus dieser Komfortzone herausschreiten. Dabei ist ihre Methode: Ein Coveralbum, zusammengesetzt aus Stücken von so verschiedenen Künstler*innen wie der 90er-Jahre-R&B-Gruppe SWV, den Studio-Revolutionären David Byrne und Brian Eno, oder dem Country-Urgestein John Denver.

Raus aus der Komfortzone?

Den Anfang macht „Bank Head“, im Original ein Track von Alternative-R&B-Superstar Kelela. Ehrlich und Kakacek reißen dem Song sein pulsierendes Fundament weg, lassen die Gesangsharmonien beatlos durch die Lüfte ziehen. Ihre Version von Damien Jurados Weirdo-Pop-Song „Am Am“ verwandelt blubbernde Synthesizer in kristallene Pianos. Hörner und Slide-Gitarren ergänzen das sonnige Klangbild. Obwohl die Originalversionen dieser Songs außerhalb ihres gewohnten Klanguniversums angesiedelt sind, verwandeln sie sich in Whitneys Händen in die von der Band gewohnte Wohlfühlmusik.

Doch das ist überhaupt nichts Schlechtes. Diese zehn Cover sind keine Revolutionen, sondern einfach zehn Dosen Sonnenschein. „Hammond Song“, ursprünglich ein Hit der 70er-Jahre-Girlgroup The Roches, wird hier zu einem fünfminütigen Folk-Rock-Opus, das jede Sekunde noch ein bisschen schöner wird. Auch jene Songs, welche in ihrem Ursprung nicht so weit weg von Whitneys Œuvre sind, glänzen. In Denvers Gassenhauer „Take Me Home, Country Roads“ erklingt plötzlich die Stimme von Waxahatchee, die sich perfekt in den butterweichen Sound einfügt. Denn das ist das Geheimnis dieses Albums: Whitney haben ihre Komfortzone nie verlassen. Und das ist sehr gut.

Veröffentlichung: 14. August 2020
Label: Secretly Canadian

Bild mit Text: „Ja ich will Radiokultur unterstützen“ / „Freunde von ByteFM“

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