Bekenntnisse eines gebrochenen Mannes: Richard Hawley, hat bei Pulp Gitarre gespielt und für Robbie Williams geschrieben, veröffentlicht demnächst ein neues Solo-Album
Auf die häufiger gestellte Frage, was das krisengeschüttelte Vereinigte Königreich in diesen schweren Zeiten popmusikalisch bevorzugt, antwortet „Observer“-Kolumnistin Miranda Sawyer zweierlei: Spaßiges (Dizzy Rascal) oder Eskapistisches (La Roux, Lady Gaga). Musik dieser Künstler ermögliche das „Wegtanzen der Krise“. Gegen 19:30 Uhr sitzt ein Mann an einem Sommerabend am Fenster eines Eckpubs in Sheffield im Norden Englands und legt die Zeitung beiseite. Der immer lichter werdende Strom von Pendlern, die aus dem Bahnhof durch die Straßen schnellen, zieht ungesehen an ihm vorbei. Nach Tanzen ist ihm nicht.
Er blickt wieder auf die Uhr und weiß, dass er auch nach Hause gehen sollte und zwar jetzt, bevor die Kinder im Bett sind und bevor er ein Bier zu viel intus hat. Vielleicht hat sie gekocht und bestimmt ist sie müde von ihrem langen Arbeitstag. Vielleicht sollte er einen Spielfilm für den Abend ausleihen, einen, der ihr gefällt, auf dem Weg zur Videothek liegt auch der Blumenladen am Friedhof oder direkt vom Friedhof stibitzen, denn viel Geld hat er nicht übrig. Als er Stunden später seinen Deckel mit zitternden Händen bezahlt, denkt er immer noch an seine Frau. Mehr Zeit will er sich für sie nehmen. Weniger trinken, weniger rauchen, ihr häufiger sagen, dass er sie liebt, doch er wird schweigen, wie jeden Abend und vor dem Fernseher in sein persönliches, schwarzes Loch fallen. Aus der Tiefe dieses und ähnlicher Löcher ertönt die Stimme des britischen Musikers und Songwriters Richard Hawley, der sein sechstes Soloalbum mit dem Titel „Truelover’s Gutter“ veröffentlicht.