Album der Woche: Luke Temple – "Good Mood Fool"

Luke Temple - Good Mood FoolVÖ: 11. Oktober 2013
Web: luketemple.tv
Label: Secretly Canadian

„Folk wird ausgetauscht gegen Soul und Synthies.“ Wenn man das neue Album des amerikanischen Singer-Songwriters Luke Temple in nur einem Satz beschreiben müsste, würde dieser wohl so ähnlich klingen. Neil Young, Jeff Buckley und Paul Simon – Temple wurde schon in einem Atemzug mit den ganz Großen genannt. Aber nur in einem Atemzug beschreiben zu wollen, warum dieses Album einen Meilenstein in Luke Temples Karriere darstellt, gestaltet sich deutlich schwieriger.

Also ganz von vorn: Luke Temple wollte sich vor seiner Karriere mit der Musik einen großen Namen in der Kunstwelt machen. Leider – oder auch zum Glück für seine heutigen Bewunderer – brachte die Malerei nicht genügend Geld ein, um Temples Dasein zu sichern. Also wendete sich der gescheiterte Maler der Musik zu und entdeckte, dass sein Talent in diesem Bereich wohl besser zum Ausdruck kommen sollte. Sein 2005 veröffentlichtes, hochgelobtes Debütalbum mit dem ungewöhnlichen Namen „Hold A Match For A Gasoline World“ bestand zu großen Teilen aus verträumtem Indierock, gespickt mit einzelnen Folk- und Indiepop-Nuancen. Der 2007 veröffentlichte und nicht weniger gefeierte Nachfolger „Snowbeast“ war eher ein souveränes Indiepop-Album, der Einsatz von Synthesizern wurde dominanter. Trotz dieser zwei Veröffentlichungen blieb der große kommerzielle Erfolg aus.

Nach anfänglichen Zweifeln und Überlegungen nun auch die Musik an den Nagel zu hängen, gründete Temple mit Michael Bloch und Peter Hale eine Band mit dem vielversprechenden Namen Here We Go Magic im Jahre 2008. Nach bisher drei veröffentlichten Studioalben der Gruppe und ebenfalls drei Soloalben von Luke Temple erschien jetzt sein neues Album „Good Mood Fool“ über das Label Secretly Canadian. Auf die Frage, warum Temple trotz einer erfolgreichen Band nach wie vor als Soloartist aktiv ist, gibt er eine klare Antwort: Es gebe keine Diskussionen über die musikalischen Feinheiten, er könne ganz und gar in sich und seinen Ideen aufgehen. Und dieser Wunsch nach musikalischer Einsamkeit verschlug Temple letzten Winter in eine abgelegene Hütte im Norden des US-amerikanischen Bundesstaates New York, lediglich begleitet von vier Instrumenten: einem Bass, einer Gitarrem einer Drummachine, einem Synthesizer, dazu von seiner Stimme. Ob es nun an der frischen Landluft lag, an der Einöde oder dem Bestreben, etwas Neues auszuprobieren – mit dem Ergebnis „Good Mood Fool“ hat sich Temple wohl selbst überrascht.

Dem „Good-Mood-Fool-Temple“ ist mit diesem Album eine Wendung gelungen, die ihresgleichen sucht. Nachdem sein letztes Album „Don’t Act Like You Don’t Care“ akustischer Folk- und Countryrock in Reinform darstellte, Temple sich geradezu in erwachsenen und „erdigen“ Sound hüllte, ist von diesem auf der neuen Platte kaum mehr etwas zu hören. Das Album ist eine Reminiszenz an die 80er-Jahre, an Michael Jackson, Phil Collins, Prince und Peter Gabriel. Auf die Unbeschwertheit und aufkommende Synthie-Tanzmusik der 80er besinnt sich Luke Temple auf seiner neun Tracks umfassenden LP. Der Albumtitel ist Programm: Man spürt bzw. hört förmlich die Freude, den Spaß und die „good mood“, die Temple bei der Aufnahme hatte.

Und zugegeben: 80er-Jahre-Arrangements und Luke Temples charakteristische Falsett-Stimme ergänzen sich ziemlich gut. Die erste Single „Katie“ besticht durch einen Beat und eine Bassline, die an den frühen Phil Collins mit seinem Song „Sussudio“ erinnern. An Michael Jacksons Klassiker „Billie Jean“ erinnert „Those Kids“, vor allem wieder durch den stampfenden Beat und die gezupften Bassläufe. Der Bass spielt auf dem Longplayer durchaus eine zentrale Rolle, melancholische oder gar auf Rhythmusinstrumente verzichtende Songs sucht man vergeblich. Dass Temple aber durchaus auch verträumte und leichte Musikstücke vorweisen kann, beweist er durch seine aktuelle, zweite Singleauskopplung „Florida“. Und wieder mal ist der Titel Programm: Reggae-Bass, schwirrende Synthie-Streicher sowie exotische Bongos vermitteln ein Gefühl von unbeschwerten Cocktailstunden in der Karibik. Dieser tropische Blue-Eyed-Soul-Sound findet sich auch auf dem Opener „Hard Working Hand“, die Arbeit mit vielen Stimmspuren, die sich dann zu einem Temple-Backgroundchor ergeben, ist herrlich produziert und kommt auch auf den anderen Tracks zum Einsatz. Besonders sticht der letzte Song von „Good Mood Fool“ heraus: Hier ist das dominierende Instrument die Gitarre, welche doch auf Temples vorhergehenden Platten eine essenzielle Rolle spielte. Gegen Ende des Stücks imitiert Temple ein schmierig-kitschiges Saxofon-Solo, und angesichts so dick aufgetragener 80er-Jahre-Melasse würde man unter gewöhnlichen Umständen regelrecht ersticken. Doch Temple meistert die gefährliche Gratwanderung mit Bravour: Das Zusammenspiel von Synthies, live eingespielter Gitarre und dem hohen und dahinschwebenden Gesang zeigt, dass es dem Interpreten exzellent gelungen ist, den Soul der 70er mit dem sorglosen Synthie-Pop der 80er zu verschmelzen und ins Jahr 2013 zu transportieren.

Das ByteFM Album der Woche.

In den ByteFM-Magazin-Sendungen spielen wir täglich Musik aus unserem Album der Woche. Die ausführliche Hörprobe folgt am Freitag ab 13 Uhr in Neuland.

Unter allen Freunden von ByteFM verlosen wir einige Exemplare des Albums. Wer gewinnen möchte, schreibt eine E-Mail mit dem Betreff „Luke Temple“ und seiner/ihrer vollständigen Postanschrift an radio@byte.fm.

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