Allie – „Uncanny Valley“

Allie - Uncanny Valley (Clouds Hill)
VÖ: 1. März 2013
Web: alliemusic.bandcamp.com
Label: Clouds Hill

Viel gibt es noch nicht zu lesen über ihn. Aber das, was man dann doch aus den zwei bis drei Absätzen erschließen kann, verspricht Großartiges. Und darum ab heute all eyes on: Allie.

Hinter Allie verbirgt sich Florian. Und Florian hat in jungen Jahren angefangen auf seiner Gitarre zu spielen, weil man da, wo er gebürtig herkommt, aus Langeweile am besten Spaßmusik machte. Spaßmusik war zum Beispiel das Mitwirken in der Punkband seines Bruders, die sich dann aber wieder zerschlug, und eben immer seine Gitarre.

Bevor der Leser jetzt aber abwinkt, aus dem Text aussteigt und sagt: „Ach so, ein weiterer einsamer Singer-Songwriter, der Gitarre spielt, weil er damals keine Freunde gefunden hat“, wird er gleich wieder ins Boot zurückgezogen. Erst mal weiterlesen.

„Uncanny Valley“ klingt ganz anders, als man es von einem jungen Mann mit Gitarre erwartet. Es ist süß und traurig und klebrig, wie eine bunte Tüte vom Kiosk. Und so wie man eine bunte Tüte zusammenstellt, indem man die schönsten und buntesten Gummitiere mit der Zange aus dem Regal pickt, sammelt auch Allie interessante Sätze und wohlklingende Worte. Diese schnappt er überall auf und puzzelt daraus am Ende einen Song. Lücken füllt er auf bis Geschichten entstehen. Niemals weiß Allie vor einem neuen Song, was daraus am Ende entsteht. Dies ist seine besondere – nennen wir es – Kreativitätstechnik und der schöne Grund, warum die insgesamt elf Stücke von „Uncanny Valley“ so verschieden sind und klingen. Die Texte ändern sich ständig – die Methode nicht.

Allie flüstert und wispert über seine wund gespielte Gitarre fantasievolle Sätze, bettet sie in einfache Melodien und verziert sie mit Schlagzeug und verschiedenen Samples. Besonders schön sind die kreativen Klangzusätze. Ist das Wasser? Ist das ein Stift auf Papier? Was ist das für ein Knall? Man stelle sich die Situation bei der Aufnahme vor. Im Studio von Clouds Hill in Hamburg-Rothenburgsort stehen Florian Boss alias Allie, Hausproduzent Johann Scheerer und Schlagzeuger Tim Schierenbeck zusammen. Überall liegt ungewöhnliches Studio-Zubehör wie Billardkugeln, eine Schreibmaschine, Wassereimer oder Messer verstreut. Und kombiniert mit Rhythmus-Patterns, Elektronik-Texturen und Geräuschschleifen werden Songs wie „Patti“, „Real Highlights“, „Try To Hold Her Hand One Day“ oder „Love Is Quinine“ „entwickelt“. Die Inspiration zu letzterem stammt von Hemingways „Haben und Nichthaben“. Allies persönliches Highlight ist „Number 1“ und wer sich mit der Serie „South Park“ auskennt, weiß, was „A Million Little Fibers“ für einen Künstler bedeutet. „Musik soll gut klingen“, sagt Allie und schließt sein erstes richtiges Studioalbum zufrieden ab.

Seit 2009 gibt es Allie. Er nahm sein selbst aufgenommes Debüt 2010 im Rahmen eines halbjährigen Praktikums mit nach New York, um es abends bei Open Mics zu verschenken. Er geht auf die Konzerte seiner Vorbilder wie Animal Collective und Caribou, lässt die musikalische Szene New Yorks auf sich einwirken und verewigt diese neu gewonnen „Freunde“ 2010 auf „New Friends“, seinem zweiten Album. Anschließend geht er auf Tour. Erst als Support, dann solo. Was er eher langweilig fand. Es fehlten die Abenteuer und Überraschungen, wie er sagt. Das wird sich in Zukunft sicher ändern.

Das Byte FM Album der Woche.

In den ByteFM-Magazin-Sendungen spielen wir täglich Musik aus unserem Album der Woche. Die ausführliche Hörprobe folgt am Freitag ab 13 Uhr in Neuland.

Unter allen Freunden von ByteFM verlosen wir einige Exemplare des Albums. Wer gewinnen möchte, schreibt eine E-Mail mit dem Betreff „Allie“ und seiner/ihrer vollständigen Postanschrift an radio@byte.fm.

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