Als Babylon brannte.


Der Drogentod von Musikern trägt nicht selten zur Legendenbildung bei. Nicht so bei Malcolm Owen. Heute, am 14 Juli vor 30 Jahren starb der Sänger von The Ruts an einer Überdosis Heroin, nur wenige Wochen, nachdem sich Ian Curtis von Joy Divison das Leben genommen hatte.
Doch während dieser zur Ikone wurde und der Rest der Band als New Order weiter Erfolge feierte, verschwanden The Ruts wieder in der Versenkung und Malcolm Owen geriet in Vergessenheit.

Die erste Welle der britischen Punkbewegung ging Ende der 70er zu Ende, Sid Vicious war tot, die Sex Pistols hatten sich aufgelöst, The Clash hatte den Karrieresprung in die USA vollzogen und es schien, als hätten sich die Möglichkeiten, drei Akkorde immer wieder neu zu kombinieren, erschöpft.
The Ruts fanden einen möglichen Weg aus der Sackgasse. Sie ließen Elemente des Reggae und Dub in ihre Musik einfließen, mehr noch als The Clash dies ansatzweise schon taten.

In einer politisch unruhigen Zeit war der Punk auf dem Weg in eine neue Ära.
Nicht erst seit Margaret Thatcher 1979 Premier wurde, wehte ein sozial rauer Wind. Die rechtsextreme British National Front erlebte ihre Blütezeit und sogar Musiker wie David Bowie (England würde ein faschistischer Führer gut tun) und Eric Clapton (Großbritannien dürfe keine schwarze Kolonie werden) taten öffentlich rassistische Äußerungen. Während Bowie seine Aussagen mit Drogeneinfluss entschuldigte, hat sich letzterer nie von seinen Aussagen distanziert.

Gegen diese Tendenzen wurde 1978 die Veranstaltungsplattform „Rock Against Racism“ ins Leben gerufen. Auf den Konzerten traten „schwarze“ Reggae und Ska Bands gemeinsam mit „weißen“ Rock und Punkbands auf. Neben der Fusion verschiedener Stile ist für die zweite Welle des Punk bezeichnend, dass die Musiker nun konkrete politische Anliegen hatten, im Gegensatz zur ersten Welle, die den Kampf gegen das Establishment noch durch bloßem Nonkonformismus geführt hatte.
The Ruts waren Teil eine der ersten Bands der zweiten Welle. Sie spielten viele Konzerte und standen in Verbindung mit dem Reggae-Kollektiv Misty In Roots, eine treibende Kraft hinter „Rock Against Racism“. Von den Unruhen im Londoner Stadtteil Southall, bei denen es zahlreiche Tote und Verletzte gegeben hatte, handelt der Text vom The-Ruts-Lied „Jah War“. Sie widmeten es Misty-In-Roots-Mitglied Clarence Baker, der bei den Polizeiübergriffen schwer verletzt worden war. Ihren größten Hit hatten sie aber mit der zuvor veröffentlichen Single „Babylon’s Burning“ gehabt. Sie schaffte es bis auf Platz sieben der britischen Charts. Mit dem Titel übernahmen sie erstmals einen Begriff aus der Rastafari-Reggae Terminologie in den Sprachgebrauch des Punk. Babylon ist ein Synonym für eine autoritäre Gesellschaft, für den Staat als Unterdrücker überhaupt.

The Ruts waren auf dem besten Weg, zu Führungsfiguren des mit neuen Formen experimentierenden Post Punk zu werden. Die neuen Lieblinge von BBC Radiomoderator John Peel hatten einen Vertrag bei Virgin Records, mit „The Crack“ soeben ein großartiges Debütalbum hingelegt, tourten mit dem Godfather Of Ska Laurel Aitken, dessen Tod sich am 17. Juli zum fünften Mal jährt, durch England und bereiteten eine USA Tour vor.

Doch Leadsänger Malcolm Owen fiel wegen seiner Heroinsucht immer öfter aus und setzte sich am 14.07.1980 schließlich den goldenen Schuss. Gitarrist Paul Fox, der von nun an die Vocals übernahm, konnte den charismatischen Frontmann nicht ersetzten. Die Band nahm zwar unter dem Namen Ruts DC noch zwei weitere Alben auf, zerfiel 1983 dann aber endgültig. Paradox oder passend: Die B-Seite Seite der ersten The-Ruts-Single „In A Rut“ enthält den Anti-Heroin Song „H-Eyes“.

Klaus Walter gedenkt des mit 25 Jahren verstorbenen Malcolm Owen im ByteFM Magazin zwischen 15 und 17 Uhr.

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