Austra – „Future Politics“ (Rezension)

Cover des Albums Future Politics von AustraAustra – „Future Politics“ (Domino)

Veröffentlichung: 20. Januar 2017
Web: austramusic.com
Label: Domino

7,5

Wie – im wahrsten Sinne des Wortes – furchtbar gut das Veröffentlichungs-Datum zu „Future Politics“ passen würde, das konnte Austras Katie Stelmanis im letzten Jahr noch nicht erahnen. Das dritte Album von Austra erschien am 20. Januar: dem Tag, an dem Donald Trump als 45. US-Präsident vereidigt wurde. Zu sagen, dass diese Zeremonie sinnbildlich für das steht, was „Future Politics“ im Kern bewegt, würde zu kurz greifen. Aber für dieses Ereignis ließe sich gut ein Platz im Narrativ des Albums finden.

Mit „Future Politics“ verfolgt Austra kein Dogma, gegen Dogmen stellt sich das Album, aber die Band hat ein kreatives Manifest formuliert. Eines für die Freiheit auf Vielfalt, gegen den Zwang zur Anpassung. Für die Macht der Hoffnung, gegen die Resignation. Katie Stelmanis formuliert das so: „Don’t accept anything you’ve been told about an appropriate way to live. […] Future politics is a future, and for any future the possibilities are endless.“ Im Speziellen wendet sich der Text gegen Rassismus, gegen heteronormative Gesellschaftsordnungen, gegen die erbarmungslosen Mechanismen der internationalen Finanzmärkte.

Die an Opern geschulte Stimme von Katie Stelmanis, die an Björk und Kate Bush erinnert, überstrahlt auf „Future Politics“ alle Songs. Ob ausufernd-meditative Stücke wie „We Were Alive“ oder nah am Herz schwelende Dancefloor-Tracks wie „Utopia“: Ihr Gesang fügt sich ein wie gegossen. Austra bewegen sich mit großen, federnden Schritten zwischen Disco-Minimalismus und Electronica in Moll. Mit einer Ausnahme: Bei „I Love You More Than You Love Yourself“ lässt sich die Band das erste Mal auf Dur-Harmonien ein, und wie. Dieser Dance-Hit gewinnt mit jedem Takt an Euphorie, glüht mehr und mehr auf.

Die Inspiration für die Songs fand Katie Stelmanis bei Utopien. Ihre Einflüsse reichen von Star Trek über Naomi Kleins Globalisierungskritik bis hin zum Manifest des – Obacht, Zungenbrecher – Akzelerationismus. Austra ist es gelungen, diese Vielfalt an Ideen in geschmeidige Arrangements und Texte zu destillieren. „Future Politics“ zelebriert die Qualität, für die Austra bekannt sind: das Zupacken mit Sanftheit, das Schaffen von etwas Deutlichem aus einem ätherischen Sog.

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