Benefiz und Independence – a2n bittet ins Watergate

Es war einmal ganz einfach. Deutschland hatte eine Musikmesse namens Popkomm und wenn es dann mal was zu bereden gab, so wurden in deren Umfeld halt auch Konferenz-Veranstaltungen abgehalten. Hier traf sich Business mit Business und wie im Geschäft mit dem Musikverkauf galt auch beim Informationsfluss eher das Model der Verknappung als Regel. Insider ließen etwas durchblicken, Experten gewährten einen kleinen Eindruck ihrer Expertise, Aktivisten versuchten sich Gehör zu verschaffen. Der große Rest war ohnehin dem Präsentationswillen der Messeaussteller und anderer Popkomm-Cashcows geschuldet. Irgendwann dann die große Keynote, vermutlich von Dieter Gorny.

Seit der Tonfall solcher Keynotes von Wachstumsgeilheit zu Überlebensangst gewechselt hat, ist das alles nicht mehr so einfach. Denn dieselbe Digitalisierung, die immer noch oft als Kern des Übels dargestellt wird, hat auch die Informationswege neu angelegt. Statt einer Handvoll Auserwählter bilden inzwischen unzählige Mitspieler das Ganze ab. Statt weniger gesetzter Themen im Sinne einer geschlossen agierenden Lobby schlängelt sich ein Long Tail der Fragestellungen durch die Gehirnwindungen einer Branche, die sich seit mehr als zehn Jahren neu erfinden soll. Permanenten Geschäftsmodell-Erneuerungen stehen komplexe Auseinandersetzungen über Themen wie Urheberrecht gegenüber. Ehemals national einvernehmlich geregelte Abläufe sind teilweise europäisch reguliert vor allem aber nicht mehr von global stattfindenden Datenflüssen, Geldströmen und Musikmigrationen zu trennen. Es gibt viel zu klären, aber auch viele Beteiligte. Längst sind es nicht mehr nur die großen Plattenfirmen, die das Geschehen bestimmen. Das hat mit Verschiebungen im Markt zu tun und mit der verbesserten Informationslage. Wer will, ist heute bereits vorab informiert und kann und will eventuell mitdiskutieren, der ganze Markt hat einen Rückkanal erhalten, über den auch ehemalige Konsumenten, inzwischen vielleicht zum Prosumer gewandelt, Mitsprache einfordern.

Als im Jahr 2009 die Popkomm, mangels erfolgreicher Vermarktung, abgesagt wurde, war es fast zwangsläufig, dass sich ein Teil der Betroffenen bzw. Interessierten selbst organisierte und anstelle des ohnehin wenig überzeugenden Popkomm-Kongresses ein am Barcamp-Model angelehntes Konferenz-Konzept entstand. Die „All2gether Now“, kurz a2n wurde ausgerufen, dahinter stand eine Gruppe von Aktivisten, u.a. aus dem New Thinking (Re:Publica Mitbetreiber) Umfeld, aber auch ehemalige Industrie-Kapitäne wie Tim Renner und Martin Brem, und zur ersten Veranstaltung kamen tatsächlich so viele, dass die wiederauferstehende Popkomm, das Land Berlin und eine neue Veranstaltungsklammer, die „Berlin Music Week“, schnell den Schulterschluss suchten und es zu einer gemeinsamen Planung mit der a2n als Konferenzpart der Popkomm für 2010 kam, die irgendwo zwischen Vereinahmung und Missverständnis endete.

Im Herbst 2010 verlief die Trennung zwischen Business (alt) und Konferenz (neu) an deutlich sichtbaren Bruchlinien. Weil man sich z.B. nicht einmal auf ein gegenseitig für sinnvoll erachtetes Akkreditierungssystem (=auf eine abgestufte Preisstruktur) einigen konnte, fand die eigentliche a2n bzw. deren Camp bereits vor der Popkomm statt und man hielt das alles an den für Berlin typisch weit auseinander liegenden Orten Kulturbrauerei und Tempelhof ab. Weder besonders komfortabel für die Teilnehmenden, noch wirklich harmonisch.
Und so wundert es nicht, dass die Gemeinsamkeiten von Popkomm und a2n dann auch schon wieder vorbei sind.
Dieses Jahr hält die Popkomm ihre Konferenz selber ab, man darf gespannt sein.

Die a2n positioniert sich neu. Weniger als einzelner Event, eher als Netzwerk und nomadisierender Think Tank und Workshop, der natürlich auch in Berlin bleibt, wo die BerMuDa (auch die gibt es ja noch: die „Berlin Music Days“) der neue und alte Partner sind, aber eben auch andernorts, geplant sind u.a. Köln und Hamburg.
Auf diese Art soll die a2n als innovatives Konzept und als Knotenpunkt des Diskurses über die Zukunft des Musikmarktes erhalten bleiben. Allerdings fehlen nun die Marketingdollar der Stadt Berlin, die sich mit der Popkomm und der Berlin Music Week bereits teure Freunde leistet.
Also gibt es neben diversen anderen Strategien der Finanzierung nun auch eine Öffnung des a2n Trägervereins für Fördermitglieder und u.a. ein Fundraising via Party.

Am 14. April fand die erste von zwei Berliner Benefiz Parties bereits statt, am 17. April nun ist nochmal Gelegenheit, eine sehr schöne Veranstaltung im Watergate zu besuchen (u.a. mit den ByteFM Lieblingen Baths) und nebenbei den Musik-Diskurs in Deutschland zu fördern.

Mehr Info hier.

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