Big Up: Rinse FM wird legal

Wann immer von der Londoner Grime, Dubstep oder UK Funky Szene die Rede ist, wird mit Sicherheit ein Sender erwähnt, der für die basslastigen Sounds der englischen Black Music Welt seit 16 Jahren ein Zuhause bietet: Rinse FM, der Piratensender aus East London, ist längst Legende und fest eingeschrieben in die Geschichte von Künstlern und DJs wie Dizzie Rascal, Skream, Kode 9, Benga, Marcus Nasty oder Plastician. Jetzt geht Rinse FM ganz offiziell auf die UKW Antennen.

Them a call us pirates.
Them a call us illegal broadcasters
Just because we play what the people want.
So them a call us pirates.
Them a call us illegal broadcasters.
DTI try stop us, but they can’t.

One station, it couldn’t run England.
Two station, they couldn’t run England.
Three stations, they could not please the nation.
Everybody want to listen to the free station.

(Home T, Cocoa Tea & Shabba Ranks „Pirates Anthem“)

Es wird geschätzt, dass es in Großbritannien derzeit 150 illegale Radiosender gibt, die meisten davon in London, wo den Pirates ein Höreranteil von bis zu 20% zugerechnet werden kann. Neben den John Peel artigen Legenden von Radio-Rockern ohne Lizenz ist es vor allem die Musik der jamaikanischen Einwanderer, die seit den 1970ern über die illegalen Sender den Weg ins kollektive Ohr der Briten gefunden hat.
Die Shout Outs („This one goes out to the XY Posse“) der heutigen Stationen sind Echos früher Community-Radios und so zieht sich nicht nur musikalisch sondern auch kulturtechnisch ein roter Faden durch die Musik von den Reggae-Roots bis zu den diversifizierten Styles der gegenwärtigen „urban sounds“.

Rinse FM entstand in den späten Rave Jahren, als Hardcore und Jungle zu Drum&Bass geworden waren (to rinse, a rinse-out sind vor allem im Drum&Bass umläufige Slang-Ausdrücke für mixen, den Mix) und Stationsgründer Geeneus begann, mit selbstgebastelter Elektronik aus dem Fachhandel ins Radiogeschäft einzusteigen.
Die Kosten für immer wieder konfiszierte Sendeanlagen decken Pirates bis heute durch Werbung (für Parties, Plattenläden etc.) und teilweise durch DJs, die für die Möglichkeit bezahlen, on air gehen zu können.

Rinse FM hat über die Jahre eine Politik des beständigen Wandels von DJ-Roster und Stil-Schwerpunkten betrieben, um immer frisch zu bleiben.
Tatsächlich hat es Rinse FM geschafft, bis heute Referenz-Sender zu bleiben, etwas, das durch den Weg in die Legalität nun erneut auf den Prüfstand kommt.
Die bisherige Geschichte hat gezeigt, dass Piraten, die lizensiert werden, meist innerhalb einiger Jahre den Besitzer wechseln und sich inhaltlich dem Mainstream zuwenden – bekanntestes Beispiel dafür dürfte Kiss FM sein, deren Londoner Variante Ende der 1980er zu den einflussreichsten Piraten gehörte und heute als Kiss FM 100 sendet.

Andererseits haben die Rinse FM Macher bewiesen, dass sie ein gutes Gespür besitzen für die Gratwanderung zwischen Underground Hype auf der einen Seite und Vermarktung und Institutionalisierung auf der anderen. Neben eigener Labelarbeit mit vornehmlich DJ-Mix CDs gibt es auch eigene Clubevents und sogar so etwas wie Jugendarbeit.
Das Internetzeitalter hat die ehedem nur sehr lokal agierenden Piraten ohnehin neu positioniert und so läuft Rinse FM längst auch via iTunes und bietet Podcasts, so dass die Sounds von East London in die ganze Welt senden.

Vielleicht ist also nur Vergangenheit, dass, wie zuletzt vor 5 Jahren, Mitarbeiter von Rinse FM im Rahmen ihrer Arbeit Hausverbot bekommen – für alle Hausdächer in Hamlet Towers. eines ganzen Stadtteils.

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