Ein amerikanisches Original


„Ich reiste durch’s ganze Land und suchte nach Musikern, die Herz haben und nicht aus purem Egoismus 20-minütige Gitarrensoli spielen.“ Worte eines Mannes, der sein Leben der Suche nach echtem und unverfälschtem Sound verschrieben hatte. Der Sänger Willy De Ville war ein rastloser Vagabund, der immer „etwas machen wollte“.

Früh, mit 17 hatte er geheiratet, mit 21, ein Jahr nach der Geburt seines Sohnes, verdrückte er sich nach London um sich dort nach Musikern umzusehen, die zu ihm passten. Erfolglos. Sein Geld ging zuneige und er kehrte zurück nach New York.
Es trieb ihn weiter nach San Francisco, wo sich seine Band Mink De Ville formierte. Jahrelang lebte er in einer Substandard-Wohnung und bespielte die Bühnen der Stadt. Zufällig stieß er auf eine Annonce, in der Musiker im fernen New York gesucht wurden. Die ganze Truppe fuhr an die Ostküste und spielte über Jahre hinweg als Hausband des legendären Clubs CBGB, von dem es heißt, in ihm sei der Punk erfunden worden. Dem Punk fühlte sich die Band aber nie zugehörig, ihre Wurzeln waren der Rhythm’n’Blues und der Soul der 30er Jahre. De Villes Frau Toots allerdings war der Archetyp eines Punkrock-Chick, modisch die Urform von Amy Winehouse und, genau wie De Ville und so viele Andere der damaligen Lower Eastside, heroinabhängig.

Durch die Auftritte im CBGB begann 1975 die Zusammenarbeit mit Jack Nitzsche, einem Produzenten, der auch mit Phil Spector, Neil Young und den Rolling Stones gearbeitet hatte. Nitzsche sagte von De Ville, er sei der beste Sänger, mit dem er je gearbeitet hätte. Mit dem Hit „Spanish Stroll“ gelang Mink De Ville 1977 der internationale Durchbruch. Mehrere Alben folgten, doch obwohl die Kritiker jubelten, blieb der Erfolg bei den Massen aus.

Willy De Ville führte einen unsteten Lebenswandel. Er ließ sich scheiden, heiratete seine zweite Frau, ging 1986 bankrott, feuerte seinen Manager, löste Mink De Ville auf und zog nach New Orleans, um eine Solokarriere zu starten. Diese war von Höhen und Tiefen geprägt.

Sein Song „Storybook Love“ zum Film „The Princess Bride“, eine Kollaboration mit Mark Knopfler, wurde für den Academy Award nominiert und verschaffte De Ville sogar einen Auftritt bei der Oscar-Verleihung. Letztendlich gewann dann aber doch „The Time Of My Life“ aus dem Film Dirty Dancing die begehrte Trophäe. Lange Zeit hatte De Ville gar keinen Plattenvertrag in den USA, in Europa dagegen konnte er einige Chartplatzierungen verbuchen, seine Mariachi-Version von „Hey Joe“ wurde ein Hit.

2001 trafen ihn eine Reihe schwerer Schicksalschläge. Die Farm, auf der er Pferde gezüchtet hatte, wurde von der Steuerbehörde konfisziert, seine Ehefrau beging Selbstmord und ein schwerer Autounfall zwang De Ville über Jahre hinweg auf Krücken zu gehen. Trotzdem spielte er weiterhin Konzerte und nahm Alben auf.

In seinem Heimatland, den USA, blieb Willy De Ville ironischerweise relativ unbekannt. Er, der nahezu alle amerikanischen Musiktraditionen in einer Person verkörperte. Seine Musik war eine Mischung aus Rock, Blues, Doo-Wop, Latino-Rhythmen, Cajun, Creole, Mariachi und Country. Er hatte sogar eine Phase, in der er seine indianischen Wurzeln entdeckte und sich in der traditionellen Tracht der Ureinwohner kleidete.

Auch sonst fiel De Ville durch sein ausgefallenes Erscheinungsbild auf. Langes schwarzes Haar, Menjou-Bärtchen, tätowierte Arme und ein goldener Schneidezahn, auf dem ein Diamant funkelte. Eine Mischung aus Großstadtcowboy und Ghetto-Don Juan.

Oft sang Willy De Ville von der Liebe, driftete gern in romantische Schwülstigkeit ab, die so gar nicht zu seiner Reibeisen-Stimme passte. Eine Stimme, die geformt wurde durch seine über 20 Jahre andauernde Heroinabhängigkeit und den vielen Zigaretten, die er oft auch auf der Bühne während des Singens rauchte. Willy De Ville starb aber nicht an Lungenkrebs, sondern an einem Tumor in der Bauchspeicheldrüse. Dieser wurde entdeckt, als er seine Hepatitis behandeln lassen wollte. Am 6. August 2009 starb Willy De Ville an der Seite seiner dritten Frau in einem New Yorker Krankenhaus.

Heute wäre Willy De Ville 60 Jahre alt geworden. Mehr über ihn und seine Musik erfahrt Ihr zwischen 15 und 17 Uhr im ByteFM Magazin mit Klaus Walter.

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Diskussionen

19 Comments
  1. posted by
    Toni Bahns
    Dez 20, 2017 Reply

    Ein großartiger Musiker….. mir geht jedesmal das Herz auf wenn ich seine Musik höre! R.I.P. Willy………..

  2. posted by
    Ralf
    Apr 2, 2018 Reply

    Ja, so geht es mir ebenfalls. Einer der größten Musiker!
    Schon mit Mink DeVille und der Filmmusik zu Cruising war ich begeistert. Zweimal dürfte ich ihn Live erleben – sensationell!

  3. posted by
    heinz wagner
    Mai 23, 2018 Reply

    das erste mal das mir die tränen kamen,als ich von seinen todestag hörte.habe ihn 6x live gesehen ein segen.

  4. posted by
    Cord
    Sep 3, 2018 Reply

    Er war für mich der größte überhaupt. Bin der Meinung, dass große Musiker einen Bogen um ihn machten, weil sie genau wußten, dass sie in seinem Schatten stehen würden. Habe ihn mehrmals live gesehen einmalig seine Stimme und seine Ausstrahlung auf der Bühne.

  5. posted by
    kurt gabriel
    Mrz 29, 2019 Reply

    ich liebe diesen typ und seine musik.

  6. posted by
    konstanze Niemann
    Aug 17, 2019 Reply

    Ganz toller Musiker.Als ich von seinem Tod erfuhr,kamen mir die Traenen.Seine Musik bleibt fuer mich unvergessen.R.I.P.

  7. posted by
    Max Starmann
    Nov 2, 2019 Reply

    Ich habe nie ein besseres Akustik Konzert gehört und gesehen – eine Stimme, die Steine erweichen konnte! Leider hat es das Leben nicht gut mit ihm gemeint…….. R.i.P. Willy

  8. posted by
    Uta Kramer
    Jan 28, 2020 Reply

    Ich bin das erste mal im Musikladen auf ihn aufmerksam geworden und war sofort hin und weg. Hab ihn dann aus den Augen verloren und leider erst wiederentdeckt, als er nicht mehr lebte. Ich bin so traurig, dass ich nie auf einem Konzert war. Seine Stimme geht mir immer unter die Haut und ich halte ihn für den besten Musiker ever !!!

  9. posted by
    Gabi Stockhausen
    Feb 19, 2020 Reply

    Mir ging es wie Uta,Komentar vom 28.Januar 2020.Zum ersten Mal im Musikladen gesehen mit Love and Emotion.Ganz selten etwas von ihm etwas im Radio gehört.Seit ich ein Smart-TV habe ,kann ich seine Auftritte hören und vor allen Dingen sehen.Seine Bühnenprässenz,seine Stimme,seine ganze Erscheinung,seine Lieder waren und sind einfach ,was soll ich sagen,magisch. Es ist so schade ,daß er so wenig gewürdigt wurde.

  10. posted by
    Micha
    Aug 26, 2020 Reply

    Magisch waren die liveauftritte …
    Er konnte mit seiner Aura eine Spannung zaubern die eine grosse Halle in den Bann zog und ihm bis zur letzten Note folgen ließ.
    Manchmal wurde es atemlos still manchmal eine tosenden Brandung…genial.
    Seine Platten,alle durchaus gut sind kein Ersatz für dieses Erleben eines Musikers der einen Platz verdient in der Hall of fame.

  11. posted by
    Knoll Uwe
    Okt 26, 2020 Reply

    Er ist der Größte den es je gab

  12. posted by
    Siegfried Berghold
    Nov 27, 2020 Reply

    Danke, für deine großartige Musik.

  13. posted by
    Heike Scheithauer
    Jan 29, 2021 Reply

    Ja,Willy der Ville‘ war und ist für mich auch sehr spezielle Ikone!!! Von seinen inneren,emotionalen Klängen,dem Hauch von Spanisch- Mexikanisch Kolonialen ,seiner zarten bis kräftigen rauchigen Stimme und besinnlichen und suess Säuren Texten,bishin zu seinen indigenen Wurzeln,dazu sein passendes,für mich ABSOLUT beliebter,interessanter Flair… SEHR VERFUERISCH,EBEN EINFACH GRANDIOS & SEHR STILVOLL, BEDAUERLICHERWEISE nicht bekannt genug, LEIDER!!!

  14. posted by
    Klaus Andrich
    Mai 14, 2021 Reply

    Ich bin auf ihn aufmerksam geworden durch einen Film.,wo beim Abspann nightfall lief. Gänsehaut pur.

  15. posted by
    Dartsch, Michael
    Mai 27, 2022 Reply

    Dieser
    TYP
    und seine
    MUSIK
    waren
    GE-NI-AL
    und bleiben
    UNVERGESSEN……

  16. posted by
    Horst
    Jun 19, 2022 Reply

    War Stonesfan von Anfang an. Mit 70 J. eine Konzertaufnahme gesehen und seitdem ein Verehrer seiner Musik. Hätte ihn gerne auf der Bühne gesehen. Unvergessen.

  17. posted by
    Thomas
    Dez 9, 2022 Reply

    Ich höre ihn immer noch gern, für mich lebt er weiter!

  18. posted by
    Claudia
    Okt 1, 2023 Reply

    Ganz sicher hat ihm seine Sucht sehr viel verdorben und ganz sicher auch Menschen, die es nicht wirklich gut mit ihm gemeint haben. Irgendwie berührt mich seine Musik und sein Leben tief. Absolute Hochachtung verdient sein Kampfgeist. Er hat nie aufgegeben und er ist seinen ureigenen Weg gegangen. Es war bestimmt nicht einfach, mit ihm auszukommen und ich glaube auch, dass er sich oft selbst im Weg stand aber all das mindert nicht sein Talent und was er uns hinterlassen hat. Er hätte so viel mehr Aufmerksamkeit und Respekt verdient! Er ist ein Synonym für ein wirklich tragisches Leben, was er auch selbst mit verschuldet hat. Wenn man sieht, wie sehr ihn das Heroin ausgemergelt hat, wie er schwitzend und schnupfend auf der Bühne steht, bekommt man einen Eindruck davon, was Drogen einem Menschen antun und dass da eben auch kein begnadetes Talent hilft. Wie viele Menschen wohl daran gescheitert sind, ihn von der Sucht zu erlösen? Wie unendlich schade, dass er nicht mehr bei uns ist und wie tief er uns jetzt noch alle mit dem berührt, was er geschaffen hat. Ein absoluter Ausnahme-Mensch in vielerlei Hinsicht. Er hätte ein besseres Leben verdient.

  19. posted by
    Thorsten
    Dez 17, 2023 Reply

    Mit 15 Jahren hörte ich gerne mal BFBS, um interessante Musik außerhalb des NDR-Dunstkreises zu erhaschen. Es gab damals ja nicht viele Alternativen an Radiosendern. Auf einmal hörte ich einen Sound, der so ganz neu und anders war. Sehnsüchtig wartete ich darauf, dass der Titel nochmals gespielt wird, ich wollte unbedingt wissen, wer mich da so geflasht hat. Irgendwann doch Glück gehabt, den Cassettenrecorder schnell auf recorder gedrückt und die Aufnahme samt Moderatorengebrabbel immer wieder abgehört …. „spanish“ irgendwas und „Minkevill“ konnte ich identifizieren. Mit diesen Wortfetzen habe ich mich dann auf die Suche nach der dazu passenden LP gemacht und bin bei „Govi-Musik“ in BS fündig geworden.
    Seitdem war ich Hardcore-Fan von diesem so ganz besonderem und einmaligen Typ. Damals fühlte ich mich ein wenig wie der Entdecker von ihm, habe mit Erfolg meinen musikalischen Freundeskreis auf diesen „Geheimtipp“ aufmerksam gemacht… Seitdem bin ich ihm Immer treu geblieben. Jede LP, bzw. CD dieses begnadeten Musikers nenne ich mit Stolz mein Eigen. Seine Musik beseelt mich bis heute, für jede Stimmungslage gibt es die passenden Songs von ihm für mich. Das macht Willy so einmalig für mich.

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