Das Enea Spring Break Festival 2018 im polnischen Poznan

Von Marten Schröder, 24. April 2018

Foto eines Schlosses im polnischen Poznań, wo das

Malerisch im Innenhof eines Schlosses in Poznań gelegen: Das Enea Spring Break Showcase Festival & Conference (Piotr Galuhn Fotografia)

Bei „Spring Break“ denken viele wahrscheinlich an riesige Studentenpartys in Florida, bei denen hemmungslos getrunken wird. Mittlerweile gibt es auch in Europa Veranstaltungen, die ähnlich heißen, aber bei weitem nicht so laut, platt und exzessiv das Delirium feiern. Das Enea Spring Break Showcase Festival & Conference im polnischen Poznań trägt etwa die legendäre Studentensause im Namen, geht aber in eine ganz andere Richtung.

Das Festival, das vom 19. bis 21. April 2018 zum fünften Mal stattfand, konzentrierte sich hauptsächlich auf MusikerInnen und Musiker, die noch keinem breiten Publikum bekannt sind und bot ihnen nicht nur die Möglichkeit, live zu spielen, sondern auch in Kontakt mit VertreterInnen der Plattenindustrie und von Booking-Agenturen zu kommen. Das Enea Spring Break Festival ist wie das Eurosonic Noorderslag in Groningen oder das Hamburger Reeperbahnfestival also auch professioneller Branchentreff, der sich Themen wie der Videospielindustrie, die für MusikerInnen immer interessanter wird, gewidmet hat.

Das Enea Spring Break Festival erstreckt sich dabei über zahlreiche Orte in der Innenstadt von Poznań, vom großen Theatersaal für mehrere hundert Gäste und mit großer Lichtshow bis zum kleinen, verrauchten Club. Dazu kamen einige Open-Air-Bühnen, eine davon malerisch im Innenhof des Residenzschlosses gelegen.

Ebenso abwechslungsreich wie die Spielorte war die Musik, denn die VeranstalterInnen beschränkten sich glücklicherweise nicht auf wenige Genres, sondern ließen eine große Bandbreite an Stilen zu. Dom Zły etwa, eine fünfköpfige polnische Band aus Puławy, von Post- und Black-Metal, Hardcore und Punk beeinflusst sind. Dieser Band beim Spielen zuzuhören und zuzusehen war einfach nur herrlich – solch eine Freude an der Musik und am Spielen sieht man selten.

Noch mehr los war bei The Magnettes. Mit ihrer Mischung aus Riot-Grrrl-Punk und Elektropop, trashigen Kostümen und ordentlich Publikumsnähe waren sie einer meiner persönlichen Höhepunkte. Es ging aber auch wesentlich ruhiger, etwa bei Kortez, der nach 2015 bereits das zweite Mal beim Enea Spring Break Festival war. In Polen ist er längst etabliert. Zusammen mit seiner Band spielte Kortez ein entspanntes Konzert mit E-Gitarre, Bass, Klavier und Schlagzeug. Hin und wieder driftete es bei ihm und einigen anderen etwas ins Pathetisch-Schmalzige ab, was aber nicht weiter schlimm war.

Der Musiker Kortez auf dem „Enea Spring Break Showcase Festival & Conference“ 2018 im polnischen Poznań

Der Musiker Kortez auf dem „Enea Spring Break Showcase Festival & Conference“ 2018 (Piotr Galuhn Fotografia)

Die Jazz-Band Młynarski-Masecki, eine der großen Entdeckungen des vergangenen Jahres in Polen und versammelte sieben Musiker auf der Bühne. Ihre Musik ist beeinflusst von polnischen Jazz- und Schlagerkomponisten der Zwischenkriegszeit, etwa Henryk Wars oder Jerzy Petersburski, besonders aber vom Sänger, Schauspieler und Pianisten Adam Aston. An diesen Einflüssen orientieren sich auch die verwendeten Instrumente, unter anderem ein Sousaphon, Klarinetten, Kontrabass und Bandżola – eine Mischung aus Banjo und Mandoline, die besonders in Warschau vor dem Zweiten Weltkrieg verbreitet war. Der Warschauer Musiker Michał Wojtas, der mit seinem Bandprojekt Amarok Stile wie Ambient, Trip-Hop, Folk und Rock vermischt, hatte sogar ein Theremin dabei.

Am Ende eines langen Festivaltages, wenn noch genug Energie vorhanden war, hatte man in mehreren Clubs die Möglichkeit, auf eine der Aftershowpartys zu gehen. Etwa im Schron (Polnisch für „Bunker“ oder „Schutzraum“), einem kargen Industriegebäude, in dem neben einer kleinen Bar und Toiletten noch einige winzige Zimmer mit Betten und durchgelegenen Matratzen und Sofas zu finden waren. Wer lange feiert, muss auch Pause machen können.

Am Ende von drei Festivaltagen war ich froh, in Poznań gewesen zu sein. Besonders die große Auswahl an Genres machte das Enea Spring Break Showcase Festival & Conference zu einem der musikalisch interessantesten und abwechslungsreichsten Festivals, die ich bisher besucht habe. Wer einen Einblick in die polnische Musiklandschaft haben möchte, für den oder die ist dieses Festival genau das Richtige.

Marten Schröder war für uns auf dem „Enea Spring Break Showcase Festival & Conference“ 2018 im polnischen Poznań. Heute, am 24. April könnt Ihr ihn im Gespräch mit Helene Conrad im ByteFM Magazin ab 15 Uhr hören. Mitglieder in unserem Förderverein „Freunde von ByteFM“ können die Sendungen in unserem Archiv nachhören.

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