Grizzly Bear – „Painted Ruins“ (Album der Woche)

Cover des Albums Painted Ruins von Grizzly BearGrizzly Bear – „Painted Ruins“ (RCA)

Bands und Staaten haben eines gemein: So viele verschiedene Herrschaftsformen es gibt, so viele Arten gibt es auch, eine Musikgruppe am Leben zu halten. Ob Diktatur, Bürokratie oder Meritokratie – alles findet in Proberäumen und Studios seine Entsprechung. Grizzly Bear sind ganz vorbildlich organisiert, nämlich durch und durch demokratisch. Keine Entscheidung ohne eine geregelte Abstimmung der vier Mitglieder. Und davon mussten sie auf dem Weg zu „Painted Ruins“ einige treffen. Denn das Album entsprang einer gemeinsamen Dropbox, in die jeder Melodien, Texte, Songideen hochgeladen hat.

Nach ihrer letzten Platte „Shields“ aus dem Jahr 2012 – ihr bisher größter Erfolg – legten Grizzly Bear eine Pause ein. Ed Droste, aus dessen Soloprojekt die Band einst hervorgegangen ist, wandte sich sogar ganz von der Musik ab und zog nach Los Angeles. Daniel Rossen, Christopher Bear und Chris Taylor verstreute es auch, aber sie blieben der Musik in verschiedenen Projekten treu. Und Taylor war es, der Grizzly Bear wieder zusammenführte. Auf seine Initiative hin wurde nach einem halben Jahr Pause die Dropbox eingerichtet.

Taylor brachte sich Gitarre bei und schrieb während eines Jahres in Berlin erste Songs für „Painted Ruins“. Und so wurde nach und nach aus einem Dateiordner das fünfte Grizzly-Bear-Album. Die Subtilität und Ruhe, mit der Grizzly Bear Melodien und Texte zu vielschichtigen Songs verweben, kommt auch auf „Painted Ruins“ zu tragen. Grizzly Bear sind keine Geschichtenerzähler, sie lassen Stimmungen und Textfragmente selbst ihre Geschichte erzählen. Dazu passt auch das ambivalente Bild einer bemalten Ruine – „Painted Ruins“ klingt danach, Kaputtes verschönern oder in ein anderes Licht rücken zu wollen.

Eindeutigkeit transportiert der Titel nicht, die Songs tun es ihm gleich. „Losing All Sense“ schwingt sich aus einer filigranen Psych-Folk-Klangfläche zur Pophymne hoch. Das treibende Stück „Mourning Sound“ erfährt durch einen wandlungsfähigen Synthie und den abwechselnden Gesang von Droste und Rossen immer neue Verästelungen bis die zwei Stimmen am Ende mit dem Instrument einen bezaubernden Kanon eingehen. Und mit dem meditativ-dystopischen Lied „Four Cypresses“ zeigen Grizzly Bear, wie sie Schicht um Schicht sanft überwältigende Songs aufbauen – ganz nach dem Motto „Erst war der Rhythmus, dann der Harmoniegesang“.
Eindringlich schön ist „Painted Ruins“ geworden – ein Album, das einen mit jedem Hören mehr einfängt.

Veröffentlichung: 18. August 2017
Label: RCA

Grizzly Bear live, präsentiert von ByteFM:

12.10.17 Berlin – Columbiahalle

Das könnte Dich auch interessieren:

  • Klez.e – „Desintegration“ (Album der Woche)
    Mit "Desintegration" schauen Klez.e zurück ins Jahr 1989. Das Album ist eine Hommage an ihre Jugend und an damals wie heute vergötterte Wave-Bands wie The Cure, die Schwermut so schön in Musik verpackten....
  • Yard Act – „Where’s My Utopia?“ (Album der Woche)
    Slacker-Hop, Highlife-Gitarren und Disco-Punk: Auf ihrer zweiten LP „Where's My Utopia?“ streifen Yard Act das Post-Punk-Korsett ab – und klingen so befreit wie noch nie. Unser Album der Woche!...
  • Cover des Albums Somersault von Beach Fossils
    Die Songs von Beach Fossils klingen wie das Ende eines langen Tages am Meer: sanfte Erschöpfung, Sand im Haar, der Kopf angenehm weich. Auch auf „Somersault“ fängt die Band aus New York diese Stimmung wieder wunderbar ein....


Deine Meinung

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.