Räder aus Stahl: Grandmaster Flash wird 60

Foto von Grandmaster Flash (Foto: Mika-Photography) title=Unter seinen blitzschnellen Fingern wurde aus einem Party-Gimmick Kunst: Grandmaster Flash. (Foto: Mika-Photography)

Man nehme: Die beiden unwiderstehlichsten Bassläufe der 1970er-Jahre (Chic – „Le Freak“ und Queen – „Another One Bites The Dust“), lege sie dicht nebeneinander, verrühre diese gründlich mit Blondies Crossover-Hit „Rapture“ und sprenkele dann noch ein paar Flash-Gordon-Samples auf diese rhythmische Mixtur. Dies ist das vinyllastige Rezept für den ersten Hit des 1981 eigentlich noch gar nicht geborenen Genres Turntablism: „The Adventures Of Grandmaster Flash On The Wheels Of Steel“. Grandmaster Flash, der als Erster das kreative Potential des Plattentellers, dieser „Räder aus Stahl“, erkannt hat, wird 60 Jahre alt.

Joseph Saddler wurde am 1. Januar 1958 auf Barbados in der Karibik geboren. Inspiriert von der umfangreichen Plattensammlung seines Vaters begann er nach der High School unter dem Namen Grandmaster Flash in New York als DJ aufzulegen. Damals waren die treibenden Schlagzeug-Breaks von James-Brown-Platten beim feierwütigen Publikum besonders beliebt. Mit diesen erfand Grandmaster Flash eine der ersten innovativen DJ-Techniken: Er legte auf zwei Plattentellern die gleiche Platte auf und wechselte beim Break zwischen den beiden Spielern hin und her, um das Schlagzeugsolo im gezielten Loop in ekstatische Länge zu ziehen. Er war es auch, der die Technik des „Scratching“ präzise perfektionierte – unter seinen blitzschnellen Fingern wurde aus einem Party-Gimmick Kunst.

„The Message“ – Fluch und Segen zugleich

Ende der 1970er-Jahre versammelte er die fünf New Yorker MCs Melle Mel, Cowboy, The Kidd Creole, Scorpio und Rahiem: Grandmaster Flash And The Furious Five waren geboren. Mit ihrer Single „The Message“ definierte die Gruppe im Jahr 1982 ein ganzes Genre: Während ihre größten Konkurrenten The Sugarhill Gang mit Singles wie „Rappers‘ Delight“ weiterhin die Party-Crowd bedienten, schufen Grandmaster Flash And The Furious Five mit „The Message“ den Conscious-Rap. Es war eines der ersten HipHop-Portraits des urbanen Elends von New York, einer der ersten Rap-Songs, der nicht vor Themen wie Armut, Rassismus und Kriminalität zurückschreckte.

Während der Song ein kommerzieller Segen für The Furious Five war, gestaltete er sich für Grandmaster Flash als Fluch. Denn seine Vinyl-Künste waren nie Teil der Furious-Five-Platten, auf den Tonträgern wurden die Instrumentals von Studio-Musikern eingespielt. Und spätestens der immense kulturelle Einfluss von „The Message“ machte Geschichten erzählende Rapper zu den Stars des Genres – und schob die DJs in den Hintergrund.

Die nächste Generation

Viele Jahre später brauchte es Vinyl-Virtuosen wie DJ Shadow und The Avalanches, um den Plattenspieler wieder als ernsthaftes Instrument in der Popkultur zu etablieren. Hört man sich heute „The Adventures Of Grandmaster Flash On The Wheels Of Steel“ (eine der wenigen Live-Aufnahmen, die den Grandmaster ungefiltert bei seiner Arbeit zeigen) an, dann merkt man, wie viel diese Künstler ihm schuldig waren: Eine Beat-Collage, die atemberaubend in ihrer Technik und einfach nur unwiderstehlich mitreißend ist. Eleganter Turntablism, 15 Jahre vor DJ Shadows Sample-Wunder „Endtroducing…“.

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